Liebe Leserinnen und Leser!
Mit dieser Broschüre wollen wir Ihnen das Thema „Hessentag“ bunt, vielfältig, kreativ, aber auch differenziert und kritisch näherbringen. Dazu haben wir im Rathaus, Stadtarchiv und Internet recherchiert, Korbacher Bürger interviewt und uns die Finger wund geschrieben. Neben allgemeinen Informationen über das Event schauen wir auch auf den Hessentag 1997 in Korbach zurück, stellen unsere Region vor und haben exklusive Interviews mit Prominenten für Sie. Das Resultat all dieser Arbeiten halten Sie nun in den Händen!
Aber mit wem haben Sie es hier überhaupt zu tun, wer sind die Autoren? Wir sind ein Grundkurs im Fach Politik und Wirtschaft an der Alten Landesschule, dem Gymnasium in Korbach. Da wir aus dieser Stadt und der Umgebung stammen, ist der Hessentag in Korbach für uns ein aktuelles und viel diskutiertes Thema. Und genau in diesem Hessentags-Jahr 2018 werden wir hoffentlich auch unser Abitur bestehen!
Ende des Jahres 2016 hat unser Projekt begonnen: In Kleingruppen haben wir uns unterschiedlichsten Themen zugewandt. Die dort gesammelten Informationen haben wir dann gemeinsam im Unterricht zusammengetragen. Ein Höhepunkt für unseren Kurs war ein dreitägiges Seminar im Hessischen Landtag, bei dem wir mit Entscheidungsträgern, Abgeordneten und Ministern auch über die Idee des Hessentags heftig diskutierten.
Zum Schluss wollen wir uns bei allen Personen herzlich bedanken, die sich Zeit genommen haben und uns mit Rat und Tat zu Seite standen, denn ohne dieses Engagement hätten wir unsere Broschüre nicht auf die Beine stellen können.
Auch wenn wir uns größte Mühe gegeben haben: Wir sind (noch) keine großen Wissenschaftler und so mag es sein, dass Sie den einen oder anderen Fehler finden. Wir freuen uns, wenn Sie uns diesen mitteilen und lernen so gerne dazu.
Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen beim Lesen!
Der PoWi-Grundkurs Grötecke
(Manon Isling und Charlotte Schnatz)
1. Grußworte
2. Gesichter des Hessentags I: Interview mit dem Hessentags-Paar
3. Da war doch was…: Rückblick auf den Hessentag in Korbach 1997
4. Gesichter des Hessentags II: Karl-Helmut Tepel
5. Wozu ein Hessentag? Zu Geschichte und Sinn einer großen Idee
6. Ein Hessentag außerhalb Hessens? Das besondere Verhältnis von Waldeck und Hessen
7. Gesichter des Hessentags III: Interview mit dem Hessentags-
Beauftragten der Landesregierung: Thorsten Herrmann
8. Blick über den Tellerrand: Landesfeste in anderen Bundesländern
9. Hessentag kontrovers: Kritik am Landesfest
10. Hessentag im Fokus: Interviews mit Korbacher „Promis“
11. Konkrete Planung für den Hessentag in Korbach 2018
Hessentag 2018 – 10 Tage ist Korbach Hessens Mittelpunkt
Zum zweiten Mal in der Geschichte des Hessentags ist Korbach Austragungsort dieses größten und ältesten Landesfests aller deutschen Bundesländer. 1961 fand der 1. Hessentag in Alsfeld statt. Der damalige Ministerpräsident des Bundeslandes Hessen, Dr. Georg August Zinn, kreierte dieses große Fest der Hessen und prägte dabei den populären Satz: "Hesse ist, wer Hesse sein will."
Dieser Satz ist heute mehr denn je populär, denn wieder oder besser immer noch geht es bei diesem Fest um die Identität unseres Bundeslandes. Es geht um Integration derjenigen, die neu zu uns gekommen sind und immer noch kommen. Damals waren es die Millionen Heimatvertriebenen aus den ehemals ostdeutschen Wohngebieten des früheren deutschen Reiches, wie beispielsweise dem heute zu Tschechien gehörenden Sudetenland oder den heute zu Polen gehörenden Gebieten Schlesien, Pommern, Danzig oder Ostpreußen. Diese Menschen, die durch den 2. Weltkrieg bedingt vor der Roten Armee fliehen mussten, kamen hier bei uns an nur mit dem Nötigsten, was sie gerade mit sich tragen konnten.
Dem Hessentag liegt also eine integrative Idee zugrunde. Heute so aktuell wie damals ist die Notwendigkeit zur Integration zu uns kommender Menschen aus anderen Ländern und Kulturen. Und wieder sind es auch Menschen, die vor Krieg, Terror und Verfolgung fliehen.
Auch auf den Hessentagen unserer Zeit ist die kulturelle Vielfalt, die sich überall in Hessen zeigt, sichtbar. In den 10 Tagen dieses Festes kann dies im Programm, welches über 1000 Punkte hat, erlebt werden.
Korbach ist zudem eine besondere Stadt. Sie ist die neben Bad Arolsen der zweite Mittelpunkt im Waldeckschen Land, der Region, die in etwa das frühere Fürstentum Waldeck umfasst. Hier gibt es eine eigene Identität, ja sogar eine eigene "Hymne", die ein Waldecker aus tiefer Inbrunst singt. Aber er weiß natürlich, dass er ein Hesse ist.
Und die Hessen wissen, dass sie die Waldecker haben. Sicher, der Edersee ist den Hessen meist bekannter als die Geschichte des Fürstentums Waldeck und für die Mühlenkopfschanze gilt dies auch, zumindest für die Sportbegeisterten.
Und Korbach ist – man glaubt es kaum – Hansestadt. Bereits Mitte des 15. Jahrhunderts trat die Stadt der Hanse bei und seit 2013 darf sie durch Entscheid des Landes Hessen wieder diese Bezeichnung tragen.
Für mich gilt darüberhinaus, dass ich mich mit der Waldeckschen Geschichte befasst habe. Zudem – und das ist unauslöschlich – kenne ich die Region schon allein dadurch besser, dass ich als Schüler mehrfach am Edersee weilte und ebenso später als Lehrer mit Schulklassen, dass ich heute dort Freunde habe, dass ich in Mengeringhausen zeitweise als Soldat stationiert war und dass ich in Willingen schon einige Urlaubstage verbracht habe.
An den ersten Korbacher Hessentag 1997 erinnere ich mich nur rudimentär. Es war ein früher Hessentag meiner Zeit als Abgeordneter, genauer im 10. Jahr. Den nächsten im Jahr 2018 werde ich sicherlich besser in Erinnerung behalten - nicht zuletzt, weil ich eine Gruppe interessanter junger Menschen im Landtag kennengelernt habe, die sich äußerst interessiert an ihrem Bundesland Hessen gezeigt haben.
Ich hoffe sehr, dass ich sie in Korbach wiedersehen werde.
Norbert Kartmann
Präsident des Hessischen Landtags
Liebe Leserinnen und Leser,
am 30. Juni 1961 wurde erstmals ein Hessentag in Alsfeld eröffnet und seither jedes Jahr in einer anderen hessischen Stadt durchgeführt. Dieses Landesfest lockt jährlich hunderttausende Besucherinnen und Besucher an und gilt somit als das älteste und größte Landesfest in ganz Deutschland!
Mit der Landesausstellung, dem Weindorf, dem Trachtenland, mit Ausstellungen zur Geschichte Hessens und seinen Regionen bis hin zu Konzerten aus verschiedenen Genres: Der Hessentag mit seinen zahlreichen Veranstaltungen und Attraktionen lädt Jung und Alt gleichermaßen ein. Die Verbindung von Brauchtum und Moderne lässt in jedem Jahr eine besondere Stimmung entstehen und unterstützt den Grundgedanken des Hessentages, nämlich den Gemeinschaftssinn von „Althessen“ und „Neubürgern“ zu fördern und das Landesbewusstsein zu stärken.
Im Jahre 1997 wurde der Hessentag zum ersten Mal in Korbach ausgerichtet. Ich finde es wunderbar, dass dies die Schülerinnen und Schüler des Politik- und Wirtschaftsgrundkurses der Alten Landesschule zum Anlass genommen haben, tief in die regionale Geschichte Korbachs einzutauchen. Sie haben eigenständig recherchiert, Interviews geführt sowie verschiedene Facetten des ersten Hessentags in Korbach untersucht und unter anderem erforscht, wie das Landesfest von den Menschen aufgenommen wird. Das Ergebnis ihrer umfangreichen Arbeit präsentieren sie in dieser Broschüre und wecken damit schon die Vorfreude auf den nächsten Hessentag.
Ich begrüße es sehr, wenn Unterricht praxisnah und lebhaft gestaltet wird und danke allen Beteiligten für ihre Mühen. Insbesondere das vertiefte und strukturierte Arbeiten an einem Thema über einen längeren Zeitraum hinweg entwickelt Fähigkeiten, die nicht nur bei der Vorbereitung auf das Abitur wichtig sind, sondern auch nach der Schulzeit wertvoll sein werden.
Prof. Dr. R. Alexander Lorz
Hessischer Kultusminister
(L-M = Lisa-Marie; L = Lukas)
Wo kommen Sie her? Und wer sind Sie?
L-M: Ich bin Lisa-Marie Fritzsche, 25 Jahre alt, wohne in Korbach und arbeite bei der Stadt Korbach im Rathaus.
L: Ich bin Lukas Goos, 26 Jahre alt, studiere Sportwissenschaften in Köln, wo ich auch wohne. Ursprünglich komme ich aber aus Korbach.
Wie sind Sie darauf gekommen, sich für das Hessentagspaar zu bewerben?
L-M: Da ich bei meiner Bewerbung für die Goldmarie im Juli 2016 direkt gefragt worden bin, ob ich mir auch das Hessentagspaar vorstellen könnte, habe ich gesagt, dass ich das machen würde und war somit direkt Kandidatin.
L: Nachdem die Stadt Korbach veröffentlicht hat, dass der männliche Part des Paares gesucht wird, haben mich vieler meiner Freunde darauf angesprochen, dass das doch etwas für mich wäre und ja, dann habe ich mich, ohne viel darüber nachzudenken, beworben und bin es dann auch geworden.
Kannten Sie sich schon vorher?
L: Wir kannten uns nicht so …
L-M: Ja, wir wussten, wer wir sind, die Freundeskreise haben sich überschnitten.
L: Ja, genau, also wir wussten, dass wir uns verstehen würden.
Mussten Sie sich richtig bewerben? Gab es ein Bewerbungsverfahren?
L-M: Ja, ich musste mich damals richtig für die Goldmarie bewerben und das war gleichzeitig die Bewerbung für das Hessentagspaar.
L: Bei mir war das nicht so einfach. Ich musste mich ziemlich aufwendig bewerben, nämlich mit einem langen Text und Fragebogen, den ich ausfüllen musste. Dann wurde ich eingeladen zum Gespräch im Rathaus vor ca. 15 Leuten, unter anderem waren da der Bürgermeister, die Leute von der Stadtverwaltung und Lisa-Marie. Das war zunächst eine komische Situation, weil ich ganz alleine an einem Tisch saß und vor mir all die anderen, die mich dann eine halbe Stunde befragt haben, über Korbach, Korbacher Geschichte und meine Persönlichkeit. Am selben Abend bekam ich dann die Zusage.
L-M: Wir haben die Bewerber getestet, ob sie spontan Fragen beantworten und generell gut reden können.
Ist es mittlerweile kein Problem mehr, vor vielen Leuten zu reden?
L-M: Ich denke, dass es immer wieder aufregend sein wird, auch wenn wir schon zwanzig Mal eine längere Rede hinter uns hatten.
L: Ich muss sagen, dass ich das sehr mag und ohne große Vorbereitung mache. Ich bin auch immer aufgeregt…
L-M: Allerdings…
L: … ja, aber es ist eine schöne Aufregung.
Was sind Ihre Aufgaben auf dem Hessentag?
L-M: Wir müssen zehn Tage auf allen Veranstaltungen, die hier stattfinden, den Hessentag repräsentieren. Wir sind das Aushängeschild für die Hessentagsstadt, mit uns identifiziert man ihn.
Das werden zehn Tage volles Programm.
L: Hauptsächlich werden wir auf Bühnen stehen, uns vorstellen, erzählen, was die Stadt Korbach ausmacht und was der Hessentag in Korbach bedeutet… und natürlich immer schön winken.
Können Sie also privat nicht über den Hessentag gehen?
L-M: Ja, wir hoffen schon.
L: Doch, das kann ich mir nicht nehmen lassen.
Müssen Sie nicht auch spezielle Kleidung tragen?
L: Oh, ja.
L-M: Ja, also wir müssen bzw. dürfen. Von der Kleidung gibt es auch zwei Anfertigungen und die soll uns dann noch einmal identifizieren mit dem Hessentag, da Korbach eine Hansestadt ist. Lukas wird als
Hansekaufmann dargestellt und meine Kleidung ist etwas schlichter,
weil ich ja auch noch die Goldmarie bin.
Trotzdem ist es im älteren Stil gehalten.
Kommen die Termine als Hessentagspaar Ihren Arbeitszeiten nicht wirklich in die Quere?
L-M: Nee, also bei mir sowieso nicht, da ich ja bei der Stadt arbeite und ich da ohne Probleme freigestellt werde.
L: Bei mir ist es nicht ganz so einfach, da ich immer aus Köln anreisen muss. Vom Studium kann ich auch mal ein paar Tage weg. Wenn nicht gerade Klausurenphase ist, ist es nicht so schlimm, wenn ich ein, zwei Tage verpasse.
Wie fanden das Ihre Familie und Freunde, dass Sie das neue Hessentagspaar sind?
L: Meine Freunde freuen sich natürlich, und meine Familie ist stolz. Meine Freunde haben mich auch mehr oder weniger dazu gebracht, mich zu bewerben. Und was auch ganz wichtig ist, was ich auch immer wieder sage, ist, dass nicht nur ich der Hansekaufmann bin, sondern auch alle jungen Männer aus Korbach. Diese Botschaft werde ich von vorne bis hinten übermitteln.
L-M: Meine Eltern freuen sich natürlich auch. Ich glaube, meine Freunde können sich gar nicht richtig vorstellen, was ich dort überhaupt machen werde. Beim Hessentag '97 waren wir ja noch Kleinkinder, da hat man das gar nicht mitbekommen. Aber grundsätzlich finden es alle gut.
Gab es noch andere Mitbewerber?
L: Ja, neben Lukas noch drei weitere. Von jung bis alt.
Da es auch Kritik hinsichtlich der Finanzen gibt, meinen Sie, dass die hohen Kosten ein Problem darstellen werden?
L-M: Grundsätzlich ist der Hessentag, auch wenn es viele Finanzierungen gibt, ein Minusgeschäft. Jedoch ist das Positive daran, dass die Region gefördert wird, dass die Leute aus der Umgebung Korbach kennen-lernen und der Tourismus, von dem wir hier auch profitieren, steigt und es die Industrie und Wirtschaft ankurbelt.
L: Vorteil ist auch, dass es langfristige Investitionen sind. Der Bahnhof wird neu gemacht und das Rathaus renoviert. Es gibt ein paar Sachen, die wären so oder so irgendwann gemacht oder erneuert werden. Von daher schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe.
Was haben Sie generell für Erwartungen an den Hessentag?
L: Gute Frage eigentlich. Ich freue mich vor allem darauf, überall hinter den Kulissen zu sein und das alles von der Seite zu sehen, was dort passiert. Ich erwarte, dass ich davon viel mitnehmen, neue Kontakte knüpfen und mich persönlich auch weiterentwickeln kann. Sei es die Erfahrung, auf der Bühne zu stehen und spontan reagieren zu müssen oder andere Dinge zu erleben, die dort passieren.
L-M: Ich erwarte, dass es zehn Tage lang ein schönes Fest für jeden wird. Für alle Korbacher und auch für die Leute aus der Umgebung, dass danach nicht nur negativ darüber gesprochen wird, sondern wir Korbacher alle zusammen unser Bestes geben.
Beschreiben Sie Korbach mit drei Adjektiven!
L: Das ist ja wie bei der Bewerbung hier... Jetzt sind wir natürlich gut unter Druck. Ich würde sagen Korbach ist…
L-M: Sag doch mal was!
L: Korbach ist geschichtsträchtig, Korbach ist alt und hat eine lange Geschichte. Muss jeder drei sagen?
L-M: Korbach ist sehr vielseitig. Alt bis modern, von jung bis alt bei den Leuten. Jetzt bist Du wieder dran.
L: Korbach ist weltoffen.
L-M: Ja, stimmt, z.B. gegenüber Flüchtlingen.
L: Zudem hat Korbach Partnerstädte in Frankreich, Polen und Tschechien. Und Korbach ist interessant, es gibt das Spukhaus, das Goldbergwerk.
Lorina Schmidt und Nele Walter
Beim Lesen dieses Textes erwartet Dich eine kleine Aufgabe:
Findest Du die 14 versteckten Zitate aus Film und Fernsehen, die wir in den Text hineingeschmuggelt haben? Viel Spaß beim Suchen und Finden.
Glaubst Du, dass dies der erste Hessentag in Korbach ist? Falsch gedacht! Denn es wurde einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis namens Korbach im Jahre 1997 - ob Du es glaubst oder nicht - schon der 37. Hessentag gefeiert.
Falls Du diesen damals schon besucht hast, bist Du erneut in diesem „Kaff“ gelandet. Herzlichen Glückwunsch! Schon damals war dieses zehntägige Ereignis der totale Burner, denn es kamen 700.000 Besucher in die Kreisstadt, und so war vom 20. bis 29. Juni der Bär los. Daher bestätigte sich das Motto „In Korbach geht’s hoch her“, wie zum Beispiel auf dem 55 Meter hohen Riesenrad, welches auch als Wahrzeichen galt.
Dieses Motto wurde vom Bürgermeister Wolfgang F. Bonhage und dem Hessentagspaar unterstützt. Du hast bestimmt auch schon darüber nachgedacht, Dich als Teil des Hessentagspaares nominieren zu lassen. Dies ist jedoch ein Knochenjob, bei dem Du unter anderem Dein Gewicht preisgeben musst! Es gab nämlich ein crazy Gewinnspiel vom Hessischen Rundfunk, bei dem Anrufer das Gewicht des Hessentagspaares nach den zehn Tagen erraten sollten, um Geld zu gewinnen. Mal Spaß beiseite, es ist echt anstrengend, in der Öffentlichkeit zu stehen, seine Stadt zu repräsentieren und zudem Kritik aushalten zu müssen.
Der städtische Hessentagsbeauftragte ist dieses Jahr derselbe wie vor 21 Jahren. Sein Name ist Tepel. Karl-Helmut Tepel. Alleine, also ohne die Hilfe von Ehrenamtlichen, der Polizei, der Stadt, der Feuerwehr und des Sanitätsdienstes, hätte er das aber nie geschafft.
Typisch Korbach, Streber durch und durch: Schon drei Jahre zuvor gab es Bürger-Informationsveranstaltungen. Um das altmodische Korbach etwas auf Vordermann zu bringen, waren zudem viele Baumaßnamen notwendig, wie zum Beispiel der Umbau des Bahnhofs und der Neubau des (Bonhage-) Museums. Außerdem wurden das Jugendhaus und die Fußgängerzone renoviert, viele Straßen erneuert, damit es wieder heißen konnte Pretty Woman walking down the street. Einige Korbacher dachten anfangs nur, die verlegen da bloß so Rohre, doch bald wurde auch ihnen klar, dass ein riesiger Event auf sie wartet. Der Event ihres Lebens.
Doch damit war es nicht genug. Es folgten Sanierungen von Fachwerkhäusern und Säuberungen der Grünanlagen. Zudem wurden die Korbacher aufgefordert, Blumen, Wimpelketten und Fahnen aufzuhängen.
Zur Stärkung und Motivation des Wir-Gefühls wurde ein Blumenschmuck-Wettbewerb aufgestellt, um die Stadt blumig bunt erstrahlen zu lassen. Leute, das mit dem Wettbewerb haben wir uns nicht ausgedacht, es stand sogar in der Zeitung! Man musste Kleidung aus den 70er Jahren tragen, weil dies die Hits und Trends von heute und gestern darstellen sollte.
Jugendliche hatten es auch nicht besser. Sie durften zwar ihre Meinung äußern, hatten jedoch kaum Mitbestimmungsrechte. Nur mickrige zwei ihrer Vorschläge wurden übernommen (Beach-Volleyball und Inlineskates). Ihre sonstigen Ideen waren: Softball, American Football, ein Geschicklichkeitsparcours für Skater, eine Modenshow mit „abgespackten“ Klamotten und eine Disco-Pool-Party im Schwimmbad. Auch ihre Konzertwünsche wurden abgelehnt. Die Jugendlichen wollten fetzigen Sound von den „Ärzten“ oder vom „Fetten Brot“. Stattdessen kam das atemberaubende Alpentrio aus Tirol. Keine Sau interessierte sich für die.
Die Party ging voll ab bei den Konzerten von Tic Tac Toe, die zwanzigtausend Fans im Schlepptau hatten, Jethro Tull sowie Sting und Roberto Blanco. Ein bisschen Spaß muss ja schließlich sein.
All diese famous people traten in Festzelten und auf großen Bühnen auf, die quer verteilt über die Stadt lagen. Um von einem Event noch rechtzeitig zum anderen zu kommen, rannten viele Besucher atemlos durch die Nacht. Dieser Weg führte sie durch die Hessentagsstraße. Sie verlief vom Krankenhaus in Richtung der Feuerwehr übers Museum und die Westwallschule bis hin zum Rathaus.
Leider konnte die Partei der Grünen ihre Hessentagsfahrräder nicht durchsetzen, sodass alle laufen mussten.
Auf dem highway to hell begleitete sie das Korbacher Hessentagslied und der ausgestopfte Eber, der als Zeichen für eine erfolgreiche Jagd durch die Stadt gezogen wurde. Auch wenn die Straße keiner Fressmeile glich, gab es einzelne Buden, an denen Du Dir was zu essen holen konntest, denn Du bist nicht Du, wenn Du hungrig bist!! Auf der Straße konntest Du Dir allen unnötigen Schnickschnack besorgen.
Ey Digga aber Yolo, die Leute haben es trotzdem gekauft. Dennoch konnten auch Künstler, Handwerker und Händler ihr Talent zur Schau stellen und ihre Waren und Werke verticken.
Nicht nur Kunst, sondern auch Sport wurde präsentiert. Es gab besondere Radfahrer, Akrobaten, Zumba-Tänzer, Baseball-, Badminton-, (Inline-)Hockey- sowie Fußball-Spieler. Den Schwerpunkt bildeten jedoch die Landesausstellung, das Festzelt, die schon genannte Hessentagsstraße, die Open-Air-Großkonzerte und zu guter Letzt der Festzug. Dieser ging quer durch ganz Korbach nach dem Motto: Wir sehen uns auf der anderen Seite. 194 Gruppen und Motivwagen düsten mit einer Geschwindigkeit von 2 km/h durch die Stadt mit dem Start- und Endpunkt AOK (jetzt Firma „Rossmann“ an der Briloner Landstraße).
„Natur auf der Spur“ haute bei den Korbacher Schulklassen voll rein. Durch die Sonderausstellung lernten viele Kinder die Natur auf eine neue Art kennen. Die Vielfalt des Ökosystems sollte nicht zu kurz kommen, jedoch gab es mehr Unkraut als Bäume. Der Procynosuchus (der so genannte „Korbacher Dackel“) war der Star der Ausstellung. Ein weiterer Event für Kinder stellte der Kinderliedermacher Klaus W. Hoffmann dar.
Du hast Dich bestimmt schon während des gesamten Textes gefragt, wie Korbach all dies finanzieren konnte. Das haben wir uns auch gefragt, denn die Kosten des Hessentags sprengten das Budget der Stadt. Die restlichen Kosten wurden von Sponsoren und Spendern übernommen.
Mamma Mia, Korbach fühlte sich wie der König der Welt. Ein anderes Beispiel dafür, wie die Stadt an das Geld der Korbacher gekommen ist, war die Erhöhung der Parkgebühren, um so die Kassen zu füllen. Außerdem erhielt Korbach ein Darlehen von über 800.000 D-Mark. #volldierichbitch. Jedoch war Korbach, wie zu erwarten, das Geld schnell wieder los, da es die Schulen mit 2,7 Millionen D-Mark unterstützte. Der IQ der Korbacher bleibt trotzdem recht niedrig. Is‘ mir egal. Am Ende betrug das Defizit jedenfalls 650.000 DM.
Doch auch die schönsten Ereignisse bringen Probleme mit sich, wie zum Beispiel, dass es nur eine geringe Anzahl an Behindertentoiletten gab und mangelnde Hilfsbereitschaft. Außerdem waren die Zugführer total am Ende, Fahrkartenschalter sind ausgefallen und viele Besucher haben auf abgesperrten Straßen geparkt. Fürs Rote Kreuz sah‘s „rosig aus“, denn es hatte viel Besuch, vor allem nach Konzerten.
Ey Digga! Respekt, wenn Du es bis hier hin geschafft hast. Jetzt kannst Du Dich noch auf das Fazit freuen. Schlussendlich waren alle sehr stolz und glücklich, unter anderem weil es mehrere Fernsehauftritte und Live-Übertragungen gab. Bis heute sind die Langzeitwirkungen spürbar, unter anderem, weil viele Menschen die Stadt wegen des renovierten Museums, der attraktiven Fußgängerzone und der Schönheit des mittelalterlichen Stadtkerns erneut besuchen.
Hasta la vista, Baby!!!!
Na, hast du alle 14 versteckten Zitate im Text gefunden?
1. „Vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis“ – Star Wars
2. „Sein Name ist Tepel. Karl-Helmut Tepel“ – James Bond
3. „Pretty Woman walking down the street“ –
Pretty Woman
4. „ … die verlegen da bloß
so Rohre“ – Fack ju Göhte
5. „Keine Sau interessiert sich für die“ – Max Raabe
6. „Ein bisschen Spaß muss ja schließlich sein“ –
Roberto Blanco
7. …, rannten viele Besucher „atemlos durch die Nacht“ – Helene Fischer
8. „Auf dem highway to hell“ – AC/DC
9. „ …denn du bist nicht du, wenn du hungrig bist“ – Snickers Werbung
10. „Wir sehen uns auf der anderen Seite“ – Fast and Furious
11. „ Mamma Mia“ Korbach fühlte sich… – Mamma Mia
12. „Der König der Welt“ – Titanic
13. „Is‘ mir egaaal“ – Kazim Akboga
14. „Hasta la vista, Baby“ –
Terminator
Marie Hortmann, Miriam Köhler, und Jana Lohaus
Die sogenannte Hessentagsstraße (hier rot markierte Linie) führte quer durch die Korbacher Altstadt und bot allerlei Attraktionen wie Handwerker- und Kunsthandwerkermärkte oder mittelalterliches Spektakulum. Der kilometerlange Festzug durch die Festzugsstraße (grüne Linie) war der krönende Abschluss.
Eröffnet wurde der Hessentag auf der Aktionsbühne und im Weindorf durch den damaligen Ministerpräsidenten Hans Eichel. Auf der Aktionsbühne am Rathausplatz fand die Begrüßung der Teilnehmer an der Erlebnisfahrt der Jugendarrestanstalt Kaufungen mit dem Radsportverein Kassel 1899 e.V. durch den Justizminister von Plottnitz statt. Diese Bühnen werden noch heute genutzt für das jährliche Altstadtkulturfest, das es seit dem damaligen Hessentag gibt. Der Korbacher Stadtpark war 1997 das reine Kinderparadies, dort fanden Kinder- und Jugenddiscos sowie Fahrten mit einer Mini-Eisenbahn statt. Der hr-Treff in der Allee zeichnete sich durch Themenabende aus, die in Radio und Fernsehen übertragen wurden. Der Festplatz „Auf der Hauer“ wurde zur Open-Air-Arena. Die Korbacher Ortsteile stellten ihre Mehrzweckhallen zur Verfügung.
Diese Örtlichkeiten sowie die 1997 gesammelten Erfahrungen sind laut Axel Wintermeyer, Chef der hessischen Staatskanzlei, die besten Voraussetzungen für Korbach als Gastgeber des Hessentages 2018. Und wie kommt die Idee zum Landesfest bei den Korbachern an? Wir haben uns auf die Straße begeben und Einwohner zu ihren Meinungen befragt. Wir wollten Leute aller Altersklassenbefragen, um dadurch unterschiedliche Eindrücke zu erlangen.
Den Anfang machte ein etwa 50 jähriger Mann aus Korbach. Er war begeistert von unserer Aktion. Besonders in Erinnerungen blieben ihm die abendlichen Abschlüsse im hr-Zelt, wo nach einem bunt gemischten Programm der Tag „gemütlich ausklingen“ konnte. Er habe sich für das gesamte Fest freigenommen, um alle Attraktionen zu sehen. Aufgrund seiner Wohnlage in Stadtnähe konnte er stets am Geschehen teilnehmen. Er ist gespannt, was ihn beim Hessentag 2018 erwartet. „Korbach wird als Hessentagsstadt erneut überzeugen und damit unser Image aufpolieren. Dass die Stadt erneut Ausrichter sein darf, beweist ja schon, dass wir Waldecker gute Feste feiern können“, sagte er.
Eine ältere Dame war ebenfalls begeistert vom Hessentag. Sie konnte sich sofort an viele Details erinnern. „Ich selbst habe bei der Stadt gearbeitet, sodass ich in das Geschehen involviert war. Alle haben an der Arbeit teilgenommen, um das gemeinsam auf die Beine zu stellen, was Korbach heute ausmacht“, erinnerte sie sich. Und ergänzte: „Ich werde natürlich jetzt wieder dabei sein und bin gespannt, inwiefern es sich vom vergangenen Hessentag unterscheiden wird. Ich wünschte, ich könnte erneut an der Planung teilnehmen“. Für sie sei die Frage nach einem möglichen Platzproblem zudem unverständlich, da Korbach genug Platz biete.
Ein Pärchen aus Waldeck empfand den Hessentag 1997 als aufregend und erlebnisreich. Der „Tag der Natur“ sei das absolute Highlight gewesen: „Es war schön, dass es so heimatnah veranstaltet wurde und bot damit die besten Voraussetzungen, täglich vorbeizuschauen.“ Allein das Wetter hätte besser sein können. Mit Vorfreude warten sie auf das neue Fest: „Wenn wir noch froh und munter sind, kommen wir wieder und freuen uns auf Eure Broschüre.“
Eine Frau mittleren Alters, Mutter eines Schülers der Alten Landesschule, erinnerte sich an die gute Organisation. In der Parkplatzsituation und der räumlichen Verteilung des Hessentages sah sie mögliche Probleme für den neuen Hessentag: „1997 gab es so manches Wohngebiet noch nicht, wo damals die Parkplätze waren. Und die Fahrsituation in der Innenstadt war chaotisch, hoffentlich wird dem dieses Mal entgegengewirkt.“ Neben vielen positiven Eindrücken beklagte sie, dass sich manche Leute daneben benommen hätten. „Beim jetzigen Fest sollte besser auf so etwas geachtet werden.“ Trotz auch solcher Eindrücke ist sie stolz, dass Korbach erneuter Ausrichter sein darf.
Weil 1997 manche Shows erst spät begannen, beklagten manche Befragten, die in der Nähe der Aktionsbühnen wohnten, mangelnden Schlaf. Andere befürchteten betrunkene Menschen, die auch mal Randale machen.
Maja Battefeld, Kim Schreiber und Anne-Maike Schultze
Stellen Sie sich bitte kurz vor.
Ich bin 58 Jahre alt und seit meiner Ausbildung 1975 bei der Stadt Korbach beschäftigt. 1997 wurde ich für die Organisation des Hessentages beauftragt und bekomme seitdem immer wieder verschiedene Sonderaufgaben. Seit 2005 bin ich Abteilungsleiter im Haupt- und Personalamt. Als Korbach dann wieder für den Hessentag bestimmt wurde, hat man mich angefragt, diesen wieder zu organisieren.
Welche Qualifikationen braucht man, um quasi "Manager des Hessentages" zu werden?
Ich denke, dass Organisationsgeschick wichtig ist, wobei auch eine gewisse Ruhe dabei hilft. Hinzu kommen Verwaltungskenntnisse, da der Hessentagsbeauftragte ein Team leiten muss, welches über die ganze Verwaltung verteilt ist, denn alle Bereiche haben damit zu tun. Im engeren Team sind derzeit etwa zehn Mitarbeiter. Des Weiteren ist Verhandlungsgeschick sehr hilfreich, da man eine Vielzahl von Gesprächen mit Beteiligten und Veranstaltern führen und Unternehmen beauftragen muss. Da das alles Geld kostet, muss man auch mal ein bisschen "fighten".
Gab es irgendwann auch mal einen Punkt, an dem Sie keine Lust mehr hatten, die Organisation des Hessentages weiterzuführen?
1997 war die Planung des Hessentages wirklich ein "Doubletime-Job", insbesondere in den letzten Monaten. Da hat man nicht ans Aufhören gedacht, weil man es nun mal machen musste. Jetzt steht man erneut vor dieser Aufgabe und ich weiß noch von damals, was auf einen zukommt. Dann ist man schon manchmal etwas zögerlich und fragt sich, ob man sich das antun muss. Aber wir werden dieses Mal die Aufgaben und Verantwortung breiter aufteilen.
Haben Sie interessante oder witzige Anekdoten vom Hessentag 1997 in Erinnerung?
Ich hatte zusammen mit einer Kollegin einen Interviewtermin im HR-Treff für die „Hessenschau“, und wir waren zeitlich spät dran. Wir mussten außerdem auch noch einen großen Präsentkorb mitbringen und sind dann zu zweit auf dem Motorroller entgegen der Einbahnstraße bergab gedüst, um noch rechtzeitig in der Maske anzukommen.
Ist der Hessentag 2018 ein „ganz normaler“ Hessentag, oder gibt es spezielle Bezüge zu Waldeck?
Im Großen und Ganzen ist der Hessentag immer sehr ähnlich, was Inhalt, Umfang und die Beteiligten angeht. Ganz besonders neu ist aber das hohe Aufkommen an Sicherheitsmaßnahmen, die man durchführen muss. Der Hessentag passt sich aber auch den jeweiligen Kommunen an, wodurch örtliche Vereine und Gruppen sich dort präsentieren können. Die Region soll zeigen, wie vielfältig sie ist, was sie ausmacht, und was es hier alles an Attraktionen gibt. Das gilt etwa für die Schulen, Direktvermarkter oder den TSV Korbach, der eine große Musik- und Sportschau machen möchte. Dafür geben wir ihm eine Bühne, der Verein stellt seinen Auftritt aber selbst auf die Beine.
Spüren Sie in Korbach schon so etwas wie eine Aufbruchsstimmung?
Wir werden täglich gefragt, welche Gruppen kommen, wo die genauen Veranstaltungsflächen sind, ob es ein Open-Air-Konzert gibt. Eine gewisse Aufbruchsstimmung ist also auf jeden Fall vorhanden. Man sieht es ja auch in der Stadt mit den ganzen Baustellen (vor allem an und um den Hauptbahnhof), dass die Stadt durch den Hessentag vorankommen soll. Es wurden außerdem Fördermittel für die Altstadt bereitgestellt als Unterstützung von Privatpersonen zur Renovierung ihrer Häuser. So entsteht ein schöneres Gesamtbild der Stadt.
Tim Weinreich
Georg August Zinn, Ministerpräsident in Hessen, wollte alle Menschen in Hessen zusammenbringen. In und nach dem Zweiten Weltkrieg waren viele Menschen aus ihrer Heimat, den ehemaligen deutschen Ostgebieten, geflohen. Über 750.000 solcher so genannter Heimatvertriebener suchten in Hessen also ein neues Zuhause. Zudem bestand das neue Bundesland Hessen aus Gebieten, die mehrere Jahrhunderte lang eine mehr oder weniger getrennte Entwicklung durchliefen. Da es also keine gemeinsame Identität und wenig Zusammengehörigkeitsgefühl gab, galt als einladendes Motto des Neuanfangs: „Hesse ist, wer Hesse sein möchte". Der erste Hessentag in Alsfeld 1961 lockte 40.000 Besucher an. Das erfolgreiche Fest dauerte drei Tage, und rasch gab es eine Vielzahl hessischer Städte, die den nächsten Hessentag austragen wollten.
Im Vordergrund der Veranstaltung standen damals keine Konzerte großer Pop-Stars, sondern -viel mehr als heute- die Vorstellung der unterschiedlichen Kulturen in Hessen, zum Beispiel durch die Präsentation der vielfältigen Trachten. Aber auch Musikveranstaltungen und -als Höhepunkt- der Festzug mit über 9.000 Teilnehmern waren schon damals Programmpunkte. Seit 1971 wird das Fest durch das Hessentagspaar repräsentiert, welches jedes Jahr neu gewählt wird. 1972 wurde das Fest auf neun Tage erhöht, seit 1990 weitete man es auf zehn Tage aus. 2013 stellte Kassel mit 1,8 Millionen den Besucherrekord auf. Diese Vielzahl an Besuchern ist ein großer Imagegewinn für die austragende Stadt, und auch das ist ein Grund für den alljährlichen Hessentag. Die Hessentagsstadt profitiert außerdem von Zuschüssen des Landes Hessen, wodurch es möglich ist, Investitionen in die Infrastruktur zu tätigen und die Stadt „auf Vordermann“ zu bringen, was für die Bürger auch noch Jahre später eine Bereicherung darstellt.
Allerdings ist das Fest auch teuer geworden: Zwei Städte mussten bereits dessen Ausrichtung aus finanziellen Gründen zurückgeben: Alsfeld für 2010 und Vellmar für 2013. Insgesamt gab es bis heute 58 Hessentage. Nur in Alsfeld, Bensheim, Friedberg, Herborn, Hofgeismar, Kassel, Wetzlar und nun in Korbach fand das Fest bislang zwei Mal statt.
Chiara Lessing und Tim Schüttler
Dieses Jahr findet der Hessentag also im Waldecker Land statt. Manche sagen etwas scherzhaft, dass Waldeck – aus historischen Gründen – eigentlich gar nicht zu diesem Bundesland gehöre. Selbst in der Landeshauptstadt scherzt man darüber, dass der Hessentag dieses Jahr zum ersten Mal außerhalb von Hessen stattfindet (frei zitiert nach Norbert Kartmann, Präsident des Hessischen Landtages). Bevor wir diese etwas kuriose Aussage klären, stellen wir die beiden Regionen lieber erst einmal vor.
#1 Hessen
Hessen ist neben Thüringen im Zentrum Deutschlands gelegen. Mit gut 20.000 Quadratkilometern zählt es zu den mittelgroßen Bundesländern. Die drei größten Städte sind Kassel, Wiesbaden und Frankfurt/Main. Das dynamische Wirtschaftszentrum Frankfurt ist -auch durch seinen Flughafen- gewissermaßen Deutschlands Tor zur Welt.
Historisch gesehen gehört Hessen zu den jüngeren Bundesländern Deutschlands. 1946 bekam es als erstes der heutigen Bundesländer eine Verfassung. Gegründet wurde es bereits 1945 unter dem Namen „Großhessen“, wobei man die ehemaligen Gebiete „Volksstaat Hessen“ und die ehemaligen preußischen Provinzen Hessen und Nassau zusammenschloss. Da also bei der Gründung eine gemeinsame Vergangenheit und eine wirkliche Identität des gesamten Bundeslandes fehlten, wurde der Hessentag 1961 ins Leben gerufen. Ziel war es, den Menschen aus den verschiedenen Regionen ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu vermitteln.
#2 Waldeck
Der Landkreis Waldeck-Frankenberg wurde erst 1974 aus verschiedenen, historisch lange Zeit getrennten Gegenden zusammengesetzt und ist somit sogar jünger als der Hessentag selbst. Im Gegensatz zum Hessentag haben wir jedoch keinen „Waldeck-Frankenberg-Tag“, der die Einwohner unserer Region zusammenschweißt.
Während Hessen zu den wirtschaftlich stärksten Bundesländern gehört, nimmt unser Landkreis eine wirtschaftlich eher mittelmäßige Position ein. Hm, wirtschaftlich schwach und kein gemeinsamer Hintergrund - besteht dann überhaupt eine Art Zusammenhalt, ein so großes Fest wie den Hessentag auszurichten? Und ist eine solch teure und kraftaufwändige Veranstaltung dann nicht eine viel zu große Aufgabe für die Waldecker?
Dazu wollen wir uns dieses Fleckchen Erde mal genauer ansehen. Auf den ersten Blick wirkt der Landkreis recht uninteressant und vielleicht sogar langweilig. Denn was haben wir schon zu bieten? Unsere vier größten Städte sind mit jeweils etwa 20.000 Einwohnern nur Kleinstädte. Es gibt keine große Auswahl an Schulen und schon gar keine Universität. Karriere scheint hier also schwer möglich zu sein. Was bleibt den jungen Leuten da anderes übrig, als schnellstmöglich „aus diesem Kaff“ endlich „in die große weite Welt“ auszuschwärmen? Aber da sind auch diejenigen, die nach einiger Zeit der Welterkundung gerne wieder zurückkommen wollen oder die Heimat gar nicht erst verlassen und sich hier ihr Leben aufbauen. Was hält also doch so manchen an diesem Ort? Ist es schlichtweg die Angst vor dem Fremden oder gibt es wirklich andere, gute Gründe?
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, werfen wir mal einen Blick auf die Waldecker Hymne - ja, „Klein-Waldeck“ hat wirklich ein eigenes Lied. Wenn das mal auf einem unserer tollen Feste ertönt, erhebt sich der Waldecker, legt sich feierlich die Hand auf die Brust und singt inbrünstig mit. Als traditionelle Hymne enthält der Text einige Besonderheiten und Eigenarten von Waldeck. Ein Vers lautet: „Seht das Land im Schmuck der schönsten Wälder…“ - Aha! Also muss die Landschaft etwas damit zu tun haben, gerade die Bäume scheinen es den Waldeckern angetan zu haben. So wird etwa die Rotbuche im Nationalpark Kellerwald-Edersee großflächig geschützt (der 2004 gegründete Nationalpark ist einer von nur 14 deutschen Nationalparks, der einzige in Hessen und seit 2011 sogar ein UNESCO-Weltnaturerbe). Ist das nicht toll? Durch Verse wie „Unter allen Landen deutscher Erde preis‘ ich Waldeck, mein lieb Heimatland“ wird zudem deutlich, dass die Waldecker stolz hinter ihrer Heimat stehen. Aber gibt es in Waldeck wirklich nichts Anderes als eine ganz ansehnliche Natur? Ist der übertrieben lobende Refrain „Mein Waldeck, lebe hoch! Mein teures, liebes Waldeck, es lebe, lebe hoch!“ vielleicht nur eine Ablenkung von der hier herrschenden Eintönigkeit und schwach ausgeprägten Kultur?
Okay, nun die Ironie mal beiseite. Vielleicht betrachtet der eine oder andere die Gegend Waldeck-Frankenberg wirklich genau aus einer solchen Perspektive. Doch das ist recht einseitig und oberflächlich, denn unser Landkreis hat wirklich einiges zu bieten, doch man muss sich vielleicht auch ein bisschen Mühe geben, diese Dinge zu entdecken. Hier haben wir das mal für Euch übernommen und stellen das Waldecker Land mit seinen Sehenswürdigkeiten, Besonderheiten und Eigenarten vor:
Geschichte
Es war einmal vor langer Zeit, um genau zu sein im Jahre 1180, da nahm ein Graf von Schwalenberg die Burg Waldeck in Besitz, woraufhin er sich den Titel „Graf von Waldeck“ verlieh. Das ist also der Grund für den Namen dieser Region: Waldeck! Die Herrscher breiteten ihren Einflussbereich immer weiter aus, und 1711 wurde Waldeck gar zum Fürstentum erhoben. Immer wieder musste es sich tapfer schlagen und den großen Nachbarn wie Köln, Mainz oder Hessen-Kassel trotzen. Und selbst als Preußen Ende des 19. Jahrhunderts die Herrschaft über große Teile Deutschlands übernahm, blieb Waldeck selbständig, und zwar bis 1929 (dann wurde es Teil der preußischen Provinz Hessen-Nassau). 1974 entstand dann besagter Landkreis Waldeck-Frankenberg. Die alte Grenze zwischen den beiden einst getrennten Kreisen, die Benrather Linie, bildet auch heute noch eine Art kultureller Grenze, weshalb die doch etwas eigenen Waldecker auf ihre Selbstständigkeit pochen.
Sehenswürdigkeiten
Waldeck-Frankenberg ist heute mit einer Fläche von 1848 Quadratkilometern Hessens größter Landkreis und hat 160.000 Einwohner. Und um in diesem Zuge weitere Formalitäten abzufrühstücken, könnte man erwähnen, dass Reinhard Kubat (SPD) Landrat ist, der Landkreis zum Regierungsbezirk Kassel gehört und sich mit Korbach als seiner Kreisstadt brüsten kann, mit Eder und Diemel zwei wichtige Flüsse sein Eigen nennt und durch eine ansehnliche Mittelgebirgslandschaft geprägt ist, zu der auch der Langenberg im Rothaargebirge als drittgrößter Berg Hessens zählt (mit 843 Metern).
Freilich gehören wir teilweise noch zu den eher strukturschwächeren Gebieten Hessens und auch Deutschlands und haben nur einen einzigen Autobahnanschluss, sodass der „kleine Waldecker“ nur schwer „in die weite Welt“ kommt. Aber auch wenn man es auf den ersten Blick nicht glauben mag: Hier verbergen sich wahre Sehenswürdigkeiten! In Waldeck lassen sich drei der größten Stauseen Hessens finden, unter denen der Edersee der bekannteste ist. Dieser drittgrößte Stausee Deutschlands gehört gleichzeitig zu den schönsten des Landes und ist ein gutes Reiseziel. Um ihn herum tummeln sich die meisten der Waldecker Highlights, die so gut wie jedes Interessensgebiet abdecken, für Kinder, Sportbegeisterte oder jene, die es etwas ruhiger angehen lassen wollen.
Mit Willigen im Upland hat Waldeck einen weiteren Trumpf im Ärmel, der sich zum Thema Tourismus ausspielen lässt. Neben vielen Sommer-Freizeitangeboten ist es Hessens beliebtestes Ski-Gebiet und nennt überdies auch eine Weltcup-Skischanze sein Eigen, weshalb sogar die internationale Ski-Prominenz sich von Zeit zu Zeit ins Waldeck’sche Land begibt.
Wer jetzt noch nicht absolut begeistert von Waldeck ist, lässt sich vielleicht mit ein wenig Kultur überzeugen, denn in Frankenberg und Korbach findet man alte Gebäude, unter anderem auch gotische Steinhäuser und beeindruckende Kirchen. Übertroffen werden diese noch von Bad Arolsen, das im Besitz eines prunkvollen Residenzschlosses ist und des ITS (International Tracing Service), der weltweit einmalig Dokumente über KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter aus dem Zweiten Weltkrieg aufbewahrt und Anfragen aus der ganzen Welt bearbeitet. Daneben gibt es noch das Schloss Waldeck am Edersee und das Schloss Friedrichstein in Bad Wildungen.
Waldecker „Promis“
Wo wir gerade bei Geschichte sind: Waldeck wurde früher aufgrund einer beachtlichen Zahl von Dichtern und Gelehrten auch als „Genieländchen“ bezeichnet. Dazu zählen August Koch (Dichter des Waldecker Liedes), Christian Daniel Rauch (Arolser Bildhauer), August Bier (bedeutender Chirurg, Erfinder des Stahlhelms) und Christian Carl Josias Bunsen (der es sogar bis zum Preußischen Gesandten gebracht hat). Doch man sucht sich natürlich die Bekanntesten heraus: Die Brüder Grimm! Sie haben auch Bezüge nach Waldeck, denn ihre weltbekannten Märchen beruhen auf Erzählungen auch aus dieser Region. So soll „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ auf den Ort Bergfreiheit bei Bad Wildungen und das Leben der Grafentochter Margaretha von Waldeck zurückgehen. In aller Bescheidenheit (oder ist es Größenwahn?): Im Grunde müsste daher die ganze Welt Waldeck kennen!
Die Waldecker
Waldecks Bewohner sind ganz normale hessische Bürger? Nicht ganz. Wie schon erwähnt, fühlen sie sich oftmals immer noch als eigenes kleines Land, das nicht zu Hessen gehört. So haben wir auch etwa eine eigene Bank (die „Waldecker Bank“), eigene, für uns typische Gerichte wie die Schepperlinge/Ofenkuchen, die Ahle Wurscht, das Waldecker Krüstchen, also Schnitzel mit Pilzen und Spiegelei auf Toast, sowie die Waldecker Südfrüchte, also Steckrübe, in gekochter und zerstampfter Form. Und natürlich haben wir unseren „eigenen Kopf“!
#3 Korbach
Der Leser kann also feststellen, dass der Landkreis gar nicht so schlecht ist. Dann gilt das doch auch für seine Kreisstadt Korbach, oder? Die Stadt wurde urkundlich erstmals im Jahre 980 erwähnt. Die Siedlung lag am Schnittpunkt zweier Handelswege, und so zog sie immer mehr Menschen an und blühte zur Handelsstadt auf. Als einzige Stadt im heutigen Hessen trat sie der Hanse bei und trägt seit 2013 offiziell den Titel „Hansestadt“.
Hier gibt es beachtliche Sehenswürdigkeiten: Die „Korbacher Spalte“ entstand vor 250 Millionen Jahren durch ein Erdbeben und beherbergte die Fossilien von mehreren Reptilienarten aus der Permzeit. Sie ist eine der wichtigsten Fundstätten der gesamten Welt, denn in ihr sind die Überreste der Vorfahren von Dinosauriern und Säugetieren zu entdecken. Noch viel beeindruckender ist aber, dass sie der einzige Ort auf der Nordhalbkugel ist, an dem der Procynosuchus zu finden ist, der in seiner Heimat aufgrund seines Aussehens liebevoll „Korbacher Dackel“ genannt wird. Er bringt einen entscheidenden Beweis dafür, dass einst der Kontinent Pangäa existiert hat. Dann gibt es noch den Eisenberg, in dem sich ein Goldbergwerk befindet, das vom 12. bis zum 17. Jahrhundert in Betrieb gewesen ist und heute als Tourismusziel fungiert. Weitere Informationen liefert das Wolfgang-Bonhage-Museum.
Wenn man lieber Sehenswürdigkeiten vor Ort in Korbach bewundern möchte, muss man nur zu Boden blicken, denn durch die Stadt führt die „Goldspur“ zu allen besonderen Orten - etwa zum Rathaus mit dem Roland, zur Freilichtbühne, zur Stadtbefestigung, zum Museum und zu den Kirchen. Bei all den Sehenswürdigkeiten darf man die Continental AG nicht vergessen. Die Wurzeln des Reifenherstellers gehen auch auf einen Korbacher zurück (Louis Peter), und er ist heute einer der weltweit wichtigsten Lieferanten. Es ist also schon eine grundlegende Frage, was die Welt bloß ohne die Korbacher machen würde… Um das Bild der Kreisstadt noch abzurunden, sind unsere Feste zu nennen. So gibt es zum Beispiel den Mittelalterlichen Markt oder das Altstadtkulturfest, bei denen die Menschen aus Korbach und Umgebung zusammenkommen und feiern.
Fazit
So, nach diesem Vortrag hoffen wir, Euch einen guten Überblick über das Waldecker Land verschafft zu haben. Natürlich hat unser Landkreis seine Schwächen, die wir auch nicht schönreden können. Wir sind eben kein „Vorzeigeexemplar“, können das bis zum Hessentag 2018 auch nicht so schnell werden. Trotzdem sollte man sich davon nicht zu sehr beeindrucken lassen, denn Waldeck hat eben auch seine guten Seiten, die sich nicht nur auf eine schöne Landschaft beschränken.
Kommen wir nun auf die Eingangsfrage zurück: Hessen und Waldeck - passt das überhaupt zusammen? Ja, das passt. Auch wenn die Waldecker vielleicht etwas „sturer“ sind als andere Hessen, ist die Behauptung, Waldeck gehöre nicht zu Hessen, doch etwas übertrieben und den jüngeren Generationen teilweise übrigens auch gar nicht mehr bekannt. Auch die Aussage, es bestehe aufgrund der späten Entstehung kein Zusammenhalt und somit keine Kraft, den Hessentag zu stemmen, ist weit hergeholt, denn innerhalb unseres Landkreises gibt es unsere Gemeinden, die sehr wohl eine großartige Gemeinschaft bilden und den Hessentag durch Vereine und Gruppen gut unterstützen können. Der Hessentag bietet uns Waldeckern die Möglichkeit, ganz Hessen einzuladen und auch Fremden die Besonderheiten und Eigenarten unserer Region zu präsentieren.
Infos und witzige Fakten
» Am Grund des Edersees ist ein Hai aus Plastik befestigt, um der Süßwasserwelt einen gefährlichen Touch zu verleihen. (Das wissen wir nur aus mündlicher Quelle von unserer Grundschullehrerin)
» Es gibt hier extrem kleine Orte: Hof Lauterbach mit 30 Einwohnern und Asel-Süd mit noch weniger.
» Auch wenn der Edersee sich im Laufe eines trockenen Sommers in ein „Pfützchen“ verwandelt, hat er noch Attraktionen zu bieten: Bei geringem Wasserstand kommen Brücken und Reste der Anfang des 20. Jahrhunderts überfluteten Dörfer zum Vorschein („Waldecker Atlantis“).
» Sogar in den USA ist Waldeck bekannt, sodass Schauspieler der bekannten Serie „Once Upon a Time“ in Interviews über diesen tollen Ort reden.
» Die Alte Landesschule war die erste Schule innerhalb Deutschlands, die Englischunterricht gab. (Das hat Charlottes Cousine im Studium bei einer Vorlesung gelernt.)
» In Waldeck besteht das kleinste Restaurant Nordhessens, es nennt sich „Fenster Fünf“ und liegt in Vöhl-Dorfitter.
» Klein-Waldeck kann sich mit dem Rhein messen, denn am Edersee existiert ebenfalls eine „Loreley“.
» Im Pfarramt Obernburg befindet sich eine Bibel, die von dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg drei Tage nach seinem Tode unterschrieben wurde. Die Bibel wurde anlässlich der Renovierung der Obernburger Pfarrkirche von dem Reichspräsidenten gestiftet. Wahrscheinlich hat von Hindenburg mehrere Bibeln im Voraus signiert und ein Schreiber der damaligen Regierung hat den Widmungstext über die Unterschrift gesetzt, ohne zu wissen, dass der Reichspräsident bereits verstorben ist.
» Es gibt ein traditionelles Drachenbootrennen am Edersee.
» Manchmal sind am Knorreichenstieg im Nationalpark freilaufende Mufflons anzutreffen.
» Wenn der Wasserstand des Edersees hoch ist, kann man in Herzhausen einen Baum, der mitten im See wächst, bewundern.
» Seit einiger Zeit bestehen wieder unterschiedliche Auto-Kennzeichen für die verschiedenen Gebiete („WA“ für Waldeck, „FKB“ für Frankenberg als Ergänzung zum bislang einheitlichen Kennzeichen „KB“): kleine Patrioten!
» Der Wildpark in Hemfurth ist auch einen Besuch wert. Jedoch sollte man die Flugshow meiden, wenn man sich schlecht bücken kann, denn ansonsten hauen die Geier einen wortwörtlich vom Hocker.
» Rote Ameisen in Höringhausen verhinderten einen Autobahnbau.
» Am Edersee gibt es einen Geocach.
» Das für die Verbreitung des Waschbären in Europa wichtigste Ereignis war das Aussetzen von zwei Waschbärpaaren 1934 am Edersee.
» Jedes Jahr am ersten Januar findet am Edersee das Neujahrsschwimmen statt.
» Es gibt Menschen, die immer noch nachts Alpträume haben und ihr Zuhause suchen, das nach Zerstörung der Edertalsperre im Zweiten Weltkrieg überflutet und zerstört wurde.
» Eine große Handelsstraße, die Wein-/Wagenstraße, verlief von Frankfurt/Main nach Bremen über Korbach.
» Die Waldecker hatten früher zwei Festtage mehr als die Hessen.
» Wussten Sie schon von der Kirchenordnung des Freiherrn von Riedesel? Nach dem dritten Läuten sollten alle in der Kirche sein. Wer nach dem Gesang des ersten Liedes nicht anwesend war, wurde angezeigt und beim nächsten Gerichtstag gerügt.
» Vor über 200 Jahren gab es im ehemaligen Fürstentum Waldeck bereits Schutzimpfungen gegen die Pocken. In einem Schreiben der Fürstlich-Waldeckischen Regierung vom 10. Mai 1805 wurden die Stadträte und Bürgermeister angewiesen, für diese segensreichen Impfungen zu werben.
» Von 1710 bis 1868 wurde Kupfererze und Silber in Thalitter und Goddelsheim gewonnen, gefördert und verhüttet. Nach Norden hin – in der Korbacher Bucht – wurde das Material sogar goldhaltig.
» 1644 führte die allgemeine Armut in Sachsenhausen zur Senkung des Bierpreises. Ein Maß Bier kostete 1644 nur noch sieben Pfennige, ein Viertel zwei Schillinge und vier Pfennige.
» Die Gemeinde Vöhl hatte von 1883 bis 1889 einen hauptamtlichen Maulwurfsjäger. Friedrich Böttger aus Freienhagen verpflichtete sich, „auf sämtlichen Wiesen, in den Gärten und auf den Flachsländern gehörig zu fangen“. Er bekam dafür jährlich 50 Mark in zwei Raten und an den Fangtagen Kost und Logis frei.
» Nach einigen Jahren Restaurierung öffnete das Korbacher Hallenbad endlich wieder, alle waren froh. Der Badespaß war jedoch nur von kurzer Dauer, denn auch Bakterien trieben sich im Wasser herum, sodass es kurzerhand wieder ge-
schlossen wurde. Jetzt ist es wieder geöffnet!
» Korbach verfügt über die Nikolaikirche, deren Kirchturm außergewöhnlich schief ist.
Die netten kleinen Fakten über unseren Landkreis können wir leider nur teilweise anhand von schriftlichen Quellen belegen, da einiges aus mündlichen Erzählungen stammt. So habt Ihr das Glück, die spektakulärsten Insider von Waldeck kennenzulernen und bevor Ihr beginnt, wie die Wilden zu recherchieren, schenkt uns lieber Euren Glauben.
Manon Isling und Charlotte Schnatz
Thorsten Herrmann ist 52 Jahre alt, verheiratet, hat Biologie und Sport an der Universität in Köln studiert.
Er sagt, er sei sehr glücklich, Hessentagsbeauftragter zu sein.
Wie kam es dazu, dass Sie sich für die politische Richtung entschieden haben, obwohl Sie ein Biologie- und Sportstudium absolvierten?
Ich bin ausgebildeter Gymnasiallehrer, wurde aber dann vom Bundestagsabgeordneten Dr. Christian Schwarz-Schilling, dem ehemaligen Postminister, angesprochen, ob ich mir vorstellen könnte, für ihn zu arbeiten. So bin ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter in den Wiesbadener Landtag gekommen. Ab 2002 war ich dann für zwölf Jahre Bürgermeister in Bensheim. 2014 durfte ich den Hessentag in Bensheim ausrichten und bin nun Hessentagsbeauftragter.
Helfen Ihnen Ihre Tätigkeiten als ehemaliger Bürgermeister bei der Organisation des Hessentages?
Natürlich. Durch meine damalige Arbeit kann ich beide Positionen, die der Stadt und die Interessen des Staates, besser nachvollziehen und den vernünftigsten und einfachsten Weg finden.
Wir haben gelesen, Sie seien „durch Vitamin B“ in Ihr Amt gekommen? Schließlich wurde Ihre Stelle nicht ausgeschrieben.
Ich hatte die freie Wahl, was ich machen wollte. Man hatte mich gefragt, und Hessentagsbeauftragter der Landesregierung zu sein, ist eine tolle Chance für mich. Ich bin stolz darauf, dass ich dazu ausgewählt wurde.
Was sind Ihre konkreten Aufgaben als Hessentagsbeauftragter?
Bei Landesfesten bin ich als Veranstaltungsleiter tätig, wie zum Beispiel beim Fest am Tag der deutschen Einheit in Frankfurt. In Korbach arbeite ich zusammen mit Herrn Tepel, dem Hessentagsbeauftragten der Stadt. Wir sind jedoch nicht allein, sondern haben ein Team gebildet, welches den Hessentag 2018 organisieren wird. Ansonsten war ich an der Organisation des Tages der deutschen Einheit in Dresden beteiligt und habe das Land Hessen auf der Expo in Mailand vertreten.
Und was sind Ihre Aufgabenbeim Hessentag?
Es gibt fünf Kernmodule: Einmal die Landesausstellung „Natur auf der Spur“, dann das Festzelt, den Festumzug, in dem sich die Menschen darstellen können, die Ehrentribüne sowie Abstellmöglichkeiten und Parkplätze für Autos, Fahrräder etc. Wir begleiten dieses Programm aktiv und achten darauf, dass alles funktioniert. Ansonsten begleiten wir die Stadt bei der Entwicklung ihrer optimalen Module. Da ich Bürgermeister war, weiß ich, was noch alles auf die Stadt zukommt und bin immer zur Unterstützung bereit.
Was wissen Sie bereits von Korbach? Wie gefällt Ihnen diese Stadt?
Wenn man nach Korbach von Dorfitter aus hereinfährt, dann sieht man zuerst eine wirklich interessante geologische Gegebenheit, die Korbacher Spalte, die sich am Stadteingang befindet. Es ist eine wirklich große Besonderheit. Diese Spalte sollten sich ganz viele Menschen anschauen. Und wenn man dann über die Geologie geht, kommt man bei Korbach zum Gold. Und wenn man dann beim Gold ist, stellt man sich schnell die Frage, was Korbach noch zu bieten hat, und das ist die Hansestadt. Wenn man sich dann Handel und Hanse anschaut, dann findet man die großen Unternehmen wie zum Beispiel Conti. Daraufhin weiß man auch, dass Korbach ein ganz wichtiger Wirtschaftsstandort hier in diesem Bereich ist. Insofern passt es einfach zu unseren Überlegungen, den Hessentag 2018 nach Nordhessen zu bringen.
Warum und wie ist Korbach als Hessentagsstadt für 2018 ausgewählt worden?
Man bewirbt sich für den Hessentag. Wir schauen uns dann die Städte an und entscheiden, welche Stadt dazu geeignet ist, den Hessentag auszurichten. Letztendlich trifft dann das Kabinett die Entscheidung. Es ist also keine Einzelentscheidung, sondern ein großes, bedeutsames Gremium, welches über die ausrichtende Hessentagsstadt berät.
Korbach und seine Themen passen einfach zum Hessentag des Jahres 2018. Durch den Hessentag entwickelt sich die Stadt außerdem an vielen Stellen weiter und diese Stadtentwicklung ist der Kern des Hessentages. Denn wenn sich eine Stadt entwickelt, entwickelt sich eine Region und wenn sich eine Region entwickelt, entwickelt sich auch Hessen ein Stück weiter.
Was für Voraussetzungen benötigt man, um einen Hessentag auszutragen?
Bei der Auswahl der Stadt wird auf viele und wichtige Kriterien geachtet. Die Stadt muss eine Mindestgröße haben und einen Anschluss an eine Bahnlinie, was in Korbach jetzt auch gegeben ist. Die Hessentagsstadt darf verkehrstechnisch nicht allzu entfernt von größeren Straßen und Autobahnen liegen, und Korbach ist verkehrstechnisch interessant angebunden. Das Team, das mithilft, den Hessentag zu organisieren, muss gut sein. Damit meine ich insbesonders den Bürgermeister und alle weiteren Helfer. Es wäre zudem nicht schlecht, wenn die Stadt bereits Erfahrungen in diesem Bereich hätte. In Korbach wären das zum Beispiel die vielen kleinen Feste wie der Viehmarkt, das Altstadtkulturfest und der mittelalterliche Markt. Und ganz besonders ist natürlich die Ausrichtung des Hessentags 1997. Dann schauen wir uns noch die Themen der Stadt und das Personalkonzept an.
Es muss zudem größere Flächen geben, die für einzelne oder mehrere Veranstaltungsmodule ausreichen. Und in Korbach ist das alles gegeben. Abschließend schauen wir uns noch die finanzielle Situation der Stadt an, damit sie nach dem Hessentag nicht so große Schulden hat, die sie nachher nicht mehr bewältigen kann.
Was haben Sie für Erwartungen an den Hessentag in Korbach?
Wir erwarten etwa 500.000 bis 750.000 Besucher. Beim letzten Hessentag in Korbach waren es etwa 700.000. Ich erwarte einen vielfältigen Hessentag, so wie er immer ist. Auf dem Hessentag findet jeder etwas, deshalb lohnt es sich auch, immer wieder dorthin zu gehen. Außerdem hoffe ich, dass viele Menschen Werbung für den Hessentag in Korbach machen, da wirklich jeder Werbung machen kann. Die Besucher sollen die Stadt entdecken können und sehen, was sie zu bieten hat.
Wie wird der Hessentag finanziert? Bei vielen anderen Hessentagen sind dabei Schulden entstanden?
Man muss Geld für den laufenden Betrieb investieren, einerseits die Kosten für die Vorbereitung und andererseits die Kosten für die zehn Tage Hessentag. Aber man darf nicht nur an die Kosten denken, die entstehen, man muss auch an die Werte denken, die man damit schafft. Insgesamt kommt man ganz gut beim Hessentag weg. Außerdem kann man die Auswirkungen des Hessentages auch nach Jahrzehnten noch spüren. Der Hessentag dauert nur zehn Tage, wirkt aber zehn Jahre. Daher halte ich dies für eine vertretbare Investition. Man bekommt durch den Hessentag eine Infrastruktur zurück und außerdem ein starkes Wir-Gefühl, das die Besucher, die Stadt und den ganzen Umkreis stärkt. Der Hessentag ist nicht nur ein Fest, sondern ein Gefühl, und man wird sich noch in vielen Jahren daran erinnern. Man redet auch heute noch sehr positiv über den Hessentag von 1997 in Korbach, und das ist sehr positiv für die Stadt!
Natürlich sind es schon sehr große Ausgaben, aber auch Einnahmen. Wenn man nun Kassel (Austragungsort 2013) als Beispiel verwendet, sieht man, dass man auch Gewinn aus dem Hessentag ziehen kann, wenn man alles sorgfältig organisiert.
Was muss bei der Organisation des Hessentages besonders beachtet werden?
Zuerst müssen wir schauen, wo sich Räume und Flächen für den Hessentag sind, also wo man den Hessentag überall veranstalten kann. Da denkt man zuerst über bestimmte feste Veranstaltungsorte wie das Festzelt, den Festzug, die Polizei, den Hessischen Rundfunk und die Landesausstellung nach. Anschließend setzt man sich mit der Lage der Parkplätze auseinander, die besonders wichtig sind. Sie müssen groß sein und gut organisiert, damit man sein Auto auch wiederfindet. Außerdem müssen sie gut gelegen sein, damit die Menschen vernünftig auf das Fest kommen und einen möglichst kurzen Weg haben. Dann muss man noch alles gut ausschildern, damit sich alle gut zurechtfinden. Dies bezieht sich vor allem auf die Bus- und Bahnverbindungen. Wir müssen mit allen Beteiligten sprechen, um zu erfahren, wie viel Platz sie für ihre Veranstaltungen benötigen und außerdem holen wir auch Wünsche bei der Platzwahl ein und versuchen, möglichst alle zu erfüllen.
Durch die Verteilung der Veranstaltungsflächen werfen sich neue Fragen auf, wie die Infrastruktur: Wo kommt der Strom her? Wo benötigen wir Wasser und Absperrungen und wie viele Toiletten verteilen wir an welchen Standorten? Dann kommt noch das Programm dazu: Wir haben ein Musik-, ein Kunst- und ein Sportprogramm, welche wir alle zeitlich organisieren müssen. Zudem müssen wir die Landesausstellung „Natur auf der Spur“ und den Festzug planen. Wir kümmern uns um Werbung, wie beispielsweise das Hessentags-Logo, und die Sicherheit. Da dies wirklich viele Aufgaben sind, teilen wir sie alle auf und besprechen sie später, wenn wir mit der Planung fertig sind, zusammen.
Wird es einige Innovationen auf dem Hessentag in Korbach geben, oder wird er wie jeder andere Hessentag?
Die Struktur des Hessentages passt sich immer an die Stadt an, ist also nie gleich und bereits sehr vielfältig. Es gibt immer neue Möglichkeiten, doch diese hängen vor allem von den Flächen ab, die man benutzen kann. In Korbach gibt es beispielsweise zwei große Kirchen, die große Stadthalle und nicht zu vergessen eine große Freilichtbühne, die man mitbenutzen kann. Weiterhin hat Korbach eine wunderschöne Architektur! Aber da der Hessentag immer sehr vielfältig ist, kann man fast nichts Neues mehr erfinden, das man bisher noch auf keinem Hessentag gesehen hat. Aber wenn jemand eine tolle Idee hat, kann derjenige jederzeit zu uns kommen. Die Ideen der Bevölkerung können aufgenommen werden, denn es soll ein Programm geben, welches alle Besucher begeistert.
Was machen Sie persönlich während des Hessentages?
Ich gehe leider nur dienstlich zum Hessentag. Wir haben einfach zu viel Verantwortung, um während des Dienstes ein Bier trinken zu können. Wir sind permanent im Dienst und müssen für die Sicherheit aller Besucher sorgen. Es gibt immer irgendetwas zu organisieren und umzuplanen, vor allem die Verteilung der Menschen, wenn sie in die Stadt kommen. Die Stadt ist schließlich nicht dazu gebaut worden, hunderttausende Besucher zu empfangen. Außerdem bin ich immer als Ansprechpartner anwesend, falls es irgendwo zu Problemen kommt. Der Hessentag ist etwas, das man nur zusammen schaffen kann, mit viel Hilfe und guter Laune!
Lea Dezimbalka, Wiebke Huneck, Maren Mertens und Jana Wiegand
Allgemein gibt es in zwölf deutschen Bundesländern Landesfeste, die nach dem jeweiligen Bundesland benannt werden. Nur in Bayern und den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg gibt es keine Landesfeste. Die meisten Veranstaltungen dauern drei Tage und werden jedes Jahr ausgetragen, so in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt. In den anderen Bundesländern findet das Fest in einem Zweijahres-Rhythmus statt, außer im Saarland, welches einen Zwei- bis Vierjahresrhythmus hat. Dabei werden die Feste jedes Mal von einer anderen Stadt oder Gemeinde veranstaltet, wobei es bei den meisten auch schon Wiederholungen bei der Veranstaltungsstadt gab. Außerdem gibt es in Nordrhein-Westfalen eine Sonderregel, dass bei Jubiläen das Fest in der Landeshauptstadt Düsseldorf ausgetragen wird.
Der Sinn der Feste ist es, ein Gemeinschaftsgefühl in der Bevölkerung zu schaffen und auch die Verbindung zu der Kultur und dem Land zu verstärken. Aus diesem Grund finden meist viele kulturelle Veranstaltungen statt, die auch von im Land ansässigen Vereinen organisiert werden. Außerdem lassen sich dort zusätzlich viele Veranstaltungen staatlicher Institutionen finden. Ein weiterer Grund ist, dass der Austragungsort sich präsentieren kann, wobei er zum Teil finanzielle Unterstützung durch das Land bekommt, um etwa zu renovieren. Viele Feste tragen sich finanziell zum größten Teil selbst.
Das älteste Landesfest nach dem Hessentag sind die Heimattage Baden-Württemberg und der Schleswig-Holstein-Tag, welche erstmals 1978 ausgetragen wurden.
Heimattage Baden-Württemberg Erstmals 1978 in Konstanz |
Tag der Niedersachsen Erstmals 1981 in Celle |
Rheinland-Pfalz-Tag Erstmals 1984 in Koblenz |
Saarland-Tag Erstmals 1988 in St. Ingbert |
Tag der Sachsen Erstmals 1992 in Freiberg |
Schleswig-Holstein-Tag Erst im Land verteilt, seit 1992 nur in einer Stadt |
Brandenburg-Tag Erstmals 1995 in Cottbus |
Thüringen-Tag Erstmals 1996 in Altenburg |
Sachsen-Anhalt-Tag Erstmals 1996 In Bernburg (Saale) |
Mecklenburg-Vorpommern-Tag Erstmals 2000 in Güstrow |
Nordrhein-Westfalen-Tag Erstmals 2006 in Düsseldorf |
Norman Zweig
Neben viel Lob erfährt die Einrichtung des Hessentags von verschiedenen Seiten auch Kritik.
Dazu befragten wir zwei Institutionen, die das Fest auch aus ökologischer und aus finanzieller Sicht betrachten.
Interview mit dem Bund der Steuerzahler Hessen e.V.
Im Februar 2017 besuchten wir den Bund der Steuerzahler in Wiesbaden. Dort haben wir uns mit Joachim Papendick und Clemens Knobloch unterhalten. Der Steuerzahlerbund ist ein eingetragener Verein, gemeinnützig und hat bundesweit etwa 250.000 Mitglieder, davon 16.000 in Hessen. Er finanziert seine Arbeit ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen. Seine Arbeitsthemen sind vor allem die Bekämpfung von Steuergeldverschwendung und Staatsverschuldung und die Erstellung gerechter Steuergesetze.
Was kritisieren Sie eigentlich am Hessentag?
Für eine Kommune kann er eine Chance sein, weil es viele Landeszuschüsse für den Ort gibt. Wir kritisieren aber die gesamte Höhe der Zuschüsse aus unterschiedlichen öffentlichen Haushalten (Bund, Land, Kommune und Landkreis) und meinen, dass die Kosten von insgesamt rund 20 Millionen Euro für den Steuerzahler überzogen sind.
Zu Beginn dauerte der Hessentag ein Wochenende, 1972 wurde in Marburg erstmals neun Tage gefeiert. Es ist das einzige aller Feste in den Bundesländern, das länger als drei Tage dauert, und die Kosten sind mit Abstand die höchsten (nämlich zehn Mal so viel wie für die anderen Feste). Zudem veränderte sich mit der Zeit auch der Schwerpunkt des Festes: Nicht mehr die Tradition, die Idee einer Identitätsfindung und eines Zusammengehörigkeitsgefühls der Hessen steht im Mittelpunkt, sondern die Musik und die Unterhaltung. Ein erstes wichtiges Zeichen aus Sicht des Steuerzahlerbundes war dann der Verzicht von Alsfeld auf den Hessentag 2010, weil die Stadt den von ihr zu tragenden Verlust als zu hoch ansah. In den vergangenen Jahren betrug dieser im Schnitt rund fünf Millionen Euro. Unser Anliegen ist, dass man all das auf ein normales Maß zurückstutzt und nur das fördert, was auch direkt mit dem Hessentag zusammenhängt. Vellmar etwa wollte die Sanierung des Rathauses, eines Dorfgemeinschaftshauses (in einem ganz anderen Ortsteil, der überhaupt nichts mit dem Hessentag zu tun hatte), des Hallenbades und der Stadtbücherei (die beim Hessentag natürlich selten frequentiert werden). Die Stadt hat den Hessentag aufgrund der Kosten dann doch abgegeben. Dann bekam ihn Kassel, das 5,5 Millionen direkte Zuschüsse vom Land erhielt für Maßnahmen, die wieder nichts mit dem Hessentag zu tun hatten: Das Grimm-Museum wurde gefördert (das erst aufgemacht hat, als der Hessentag schon längst weg war), die Fußgängerzone gefördert (und wird jetzt gerade gemacht, obwohl das Fest schon seit Jahren vorbei ist). In Weilburg gab es bereits ein relativ großes Parkhaus, man baute zum Hessentag ein zusätzliches, was dann danach so gut wie leer stand. Es regt uns insgesamt auf, wenn man so mit Steuergeldern umgeht.
Das gilt auch für Maßnahmen, die nicht nachhaltig waren. Wenn etwa Konzertarenen aufgebaut oder Parkplätze eingerichtet werden für ganze zehn Tage, um danach wieder abgerissen zu werden. Dazu kommen etwa drei Millionen Euro Kosten für die Ministerien und den Landtag, unter anderem für die Stände bei der zehntägigen Ausstellung. Der Einsatz der Polizei kostete pro Hessentag rund zwei Millionen.
In Homberg/Efze kam ja das Argument, die Stadt läge in einer strukturschwachen Region. Dies ist ja bei Korbach auch der Fall. In Homberg renovierte man die Innenstadt in der Hoffnung, dass die Hessentagsbesucher noch einmal wiederkommen. Diese Subventionen helfen einer Region in der Regel aber nicht, ihre Struktur dauerhaft deutlich zu verbessern.
Immerhin hat sich die Landesregierung darauf verständigt, den Landeszuschuss auf maximal zehn Millionen Euro zu deckeln. Korbach etwa bekommt eine Million Euro weniger an Zuschüssen, als das beim letzten Hessentag der Fall war. Und die nächste Kommune dann nochmal eine halbe Million weniger. Gleichwohl befürchten wir, dass der Hessentag in etwa doch weiterbesteht wie in der jetzigen Form. Wir meinen, eine Deckelung ist nötig, und zwar für sämtliche öffentlichen Haushalte. Zudem gibt es jetzt ein Handbuch für Hessentagsstädte, worin steht, wie man das machen, wie man Kosten senken, wie man irgendwelche Gebühren für irgendwas erheben kann, um die Kosten zu reduzieren, wie man Sponsoren anwerben kann und all so etwas. Aber das hätte man schon vor Jahrzehnten haben können.
Aus unserer Sicht ist der Hessentag zu gigantisch, ein großer Rummelplatz mit internationalen Stars, großen Konzerten und der Jagd nach immer neuen Besucherrekorden.
Die internationalen Stars sind aber vor allem für uns junge Besucher ein Grund, zum Hessentag zu kommen, da man dadurch die Möglichkeit hat, Stars zu sehen, die sonst etwa nur in anderen Ländern auftreten.
Das kann ich nachvollziehen, und aus Sicht der Kommune ist das eine tolle Sache. Aber es ist nicht die Aufgabe des Steuerzahlers, solch kommerzielle Großveranstaltungen zu subventionieren (das betrifft auch den Profifußball, da gibt es ja enorme Kosten wie für Polizeieinsätze). Natürlich muss der Staat sicherstellen, dass da nichts passiert, aber die Kosten sind - zumindest teilweise - von den Event-Veranstaltern und Profi-Vereinen, von den Besuchern oder von einem Sponsor zu tragen.
Der Verzicht auf internationale Stars fällt natürlich schwer. Bei einer kürzeren Dauer von vier bis fünf Tagen würde es sich nicht lohnen, eine Bühne usw. aufzubauen, weil die Stars ja nur vor einer bestimmten Mindestzuschauerzahl spielen. Der Rheinland-Pfalz-Tag zum Beispiel ist vor allem deshalb günstiger, weil dort keine internationalen Stars auftreten. In den letzten Jahren gab es ja auch die Entwicklung, dass man gesagt hat, man kann mit dem Hessentag nicht mehr in die kleinen Städte gehen. Man hat Städte unter 20.000 Einwohnern ja grundsätzlich ausgeschlossen, weil man diese Infrastruktur einfach nicht schaffen kann. In Städten wie Frankfurt ist diese, etwa mit den Stadien, ja schon da. Da könnte man dann auch internationale Stars auftreten lassen, die kämen dann aber nicht mehr in die Provinz.
Aber ist das nicht gerade der Anreiz, dass auch mal Stars hier in die Provinz kommen?
Wenn man dazu eine Vollkostenrechnung machen würde, dann würden Sie für eine Karte in einer kleineren Stadt wahrscheinlich rund 150 Euro bezahlen. Die Karten werden ja bezuschusst, weil eben der Aufwand so groß ist, das alles zu schaffen. Die Kosten sind in Frankfurt wesentlich günstiger. Die Folge wäre dann, dass es pro Jahr einen Veranstaltungsort weniger in Hessen gäbe. Natürlich steht eine kleinere Stadt während des Hessentages im Fokus, das ist letztendlich auch Standortmarketing. Öffentliche Zuschüsse gibt es vor allem deshalb, weil man weiß, dass sich das sonst keine Kommune leisten könnte. Es ist eine Abwägungsfrage und wir fragen uns, warum Hessen das einzige Bundesland sein muss, welches das in dieser Dimension macht.
Was halten Sie von dem Vorschlag, dass man den Hessentag nur alle zwei Jahre veranstaltet?
Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber dieses Fest ist natürlich auch eine tolle Bühne für Politiker, um sich darzustellen, etwa bei öffentlichen Fraktionssitzungen und dem Festumzug. Dort ist zehn Tage lang ganz Hessen vor Ort, alle Medien berichten über den Hessentag. Und darauf verzichtet die Landespolitik nur ungern.
Kostenersparnis kann aber auch dadurch passieren, dass man den Hessentag nicht macht, wenn parallel zum Beispiel eine Landesgartenschau stattfindet. In Rheinland-Pfalz etwa gibt es kein Landesfest, wenn dort im selben Jahr das Fest zum Tag der deutschen Einheit stattfindet. Wir in Hessen jedoch haben diese Feier in Frankfurt und im selben Jahr auch den Hessentag veranstaltet.
Was schlagen Sie als Alternative zu den internationalen Stars vor?
Statt Gigantismus mit Konzerten für fünfstellige Zuschauerzahlen gibt es ja auch Künstler, die vor 3.000 oder 4.000 Leuten auftreten. Da die internationalen Stars das Ganze besonders teuer machen, würden wir also darauf verzichten.
Die andere Frage ist: Was will man mit dem Hessentag? Zwar ist in einigen Zelten der Landesausstellung schon etwas los. Aber in anderen, wo sich Institutionen wie Handwerkskammer, Krankenkassen usw. vorstellen, ist dagegen meist wenig Betrieb. Oder die ganzen Verkaufsstände, diese Hessentagsstraße mit dem großen Rummelplatz. Das ist einfach zu groß. Brauche ich dafür einen Hessentag? Stattdessen kann die Ursprungsidee, Hessen zusammenzuführen, auch heute noch etwas Verbindendes sein. Man denke nur an die Zuwanderung. Diesen Gedanken kann man fortentwickeln.
Wie kam es dazu, dass der Hessentag ein so großes Ausmaß angenommen hat?
Es gab immer einen Wettkampf: Es musste immer größer und jedes Jahr immer fantastischer werden. Dies könnte auch an unserer stabileren Wirtschaft liegen und an den steigenden Ansprüchen, die die Bevölkerung hat. Auf der anderen Seite kam das Fest zur deutschen Einheit an der Alten Oper in Frankfurt auch gut an, obwohl es nur drei Tage dauerte. Es ist also auch möglich, die Menschen zu begeistern, wenn es nur für ein verlängertes Wochenende ist. Wenn man jedoch einmal den Anspruch hat, erwartet man im darauffolgenden Jahr ja mindestens einen Hessentag, der genauso gut ist.
Warum muss es so etwas ausgerechnet in Hessen geben und nicht in anderen Bundesländern?
Dafür gibt es bisher keine schlüssige Erklärung. Ein Ansatz könnte sein, dass es z.B. in Süddeutschland schon lange traditionsreiche Feste gab, die privat organisiert wurden, wie das Oktoberfest in München oder der Cannstatter Wasen in Stuttgart. Aber es wäre eine Untersuchung wert, warum es so etwas ausgerechnet in Hessen geben muss. Bayern und Baden-Württemberg sind ja auch sehr finanzstark, die könnten sich so ein Landesfest natürlich auch leisten.
Gibt es denn Sponsoren, die den Hessentag finanzieren?
Wir haben uns mit einigen Bürgermeistern unterhalten, die gehen am Anfang teilweise davon aus, dass sie 15 oder 20% der Kosten mit Sponsorengeldern decken können. Die Resonanz ist aber meistens sehr schwach. Und wenn man Sponsoren findet, dann sind es oft städtische Gesellschaften, die dort eingesprungen sind. Die hessischen Sender FFH und Hessischer Rundfunk sponsern natürlich auch einiges, wobei der hr das ja durch Rundfunkbeiträge finanziert. Die Sender produzieren zwar viel Programm zum Landesfest, aber die Frage ist, was ist Programmgestaltung, was Öffentlichkeitsarbeit und was Sponsoring? Jedenfalls ist der große Sponsor, der die Hälfte der Kosten zahlt, bis jetzt noch nicht gefunden.
Wie soll man in der Zukunft noch mit der Einrichtung Hessentag umgehen?
Wenn es einen strukturierten Prozess gäbe, langfristige Investitionen zu fördern, dann könnte das eine Kommune voranbringen. Man könnte auch ein Landesprogramm machen, das eine bestimmte Kommune im Jahr XY besonders voranbringt (dazu braucht man keinen Hessentag). Bisher ist es so, dass die Investitionen, die direkten Zuschüsse aus zwei Töpfen kommen. Zum einen ist das der Landesausgleichsstock, das heißt, man nimmt es letztlich aus dem Topf für in finanzielle Nöte geratene Kommunen heraus und zahlt somit weniger an Kommunen, die es eigentlich dringend brauchen. Zum anderen Wirtschaftsförderung. Das heißt, andere Kommunen, denen Investitionszuschüsse eigentlich auch zustehen, müssen erheblich länger darauf warten, weil die Mittel bevorzugt in die Hessentagsstadt fließen. Im Prinzip zahlen also andere Kommunen einen Großteil der Zuschüsse für den Hessentag. Und das sehen wir sehr kritisch.
Lea Dezimbalka, Wiebke Huneck, Maren Mertens und Jana Wiegand
Interview mit Herrn Dr. Peter Koswig vom NABU in Korbach
Herr Dr. Koswig stammt ursprünglich aus Norddeutschland. Nachdem er in mehreren Städten studierte, hat er sich in Korbach als Allgemeinmediziner niedergelassen. Er ist aktiv bei der Partei Bündnis 90/Grüne und der Bürgerinitiative Lebenswertes Korbach tätig. Außerdem ist er im Kreistag und im Naturschutzbund Korbach engagiert. Der Korbacher NABU wird von 600 aktiven und fördernden Mitgliedern unterstützt. Dr. Koswig ist seit siebzehn Jahren der erste Vorsitzende. Bundesweit engagieren sich im größten Naturschutzverband Deutschlands über 620.000 Menschen. Die Korbacher Ortsgruppe engagiert sich für den Erhalt unserer Tiere und Pflanzen, insbesondere im Bereich der Marbeck, der Werbe bei Strothe, der Kuhbach oder am Goldhäuser Teich.
Was bewegt Sie dazu, dem Hessentag kritisch gegenüberzustehen?
Der Hessentag ist sehr umstritten, denn er kostet viel Geld, auch für die Kommune. Wenn das so ist, muss aber wenigstens etwas dauerhaft „hängen bleiben“. Nicht nur mit Millionen im Minus sein und eine Big-Party haben mit irgendwelchen Schlagersternchen, und dann ist nach zehn Tagen Feierabend. Es muss auch nachhaltig die Lebensqualität in Korbach verbessert werden.
Was meinen Sie damit, dass etwas für die Lebensqualität hängen bleiben soll?
Einige Bauprojekte mit Hilfe von Landeszuschüssen und Subventionen stehen bevor. Das Rathaus soll neu gebaut werden. Das ist ja etwas Langfristiges. Aber wie geht man mit dem Verkehr beim Hessentag um? Man sollte tunlichst vermeiden, dass alle Welt mit dem Auto angekarrt kommt und die Umwelt verpestet. Überall stehen die Autos in der Stadt und auf den rundum angemieteten Wiesen herum. Da könnte man lieber die Radwege richtig ausbauen. Die Radwegesituation in Korbach ist desolat und besteht aus ein paar Fahrradstreifen. Untersuchungen haben bewiesen, dass die Lebensqualität in einer Stadt umso höher ist, desto höher der Radverkehrsanteil ist. Manche Hessentags-Besucher reisen mit der Bahn an, das ist natürlich genial. Aber nachdem die Leute hier aussteigen: Wie kommen sie dann auf das Hessentags-Gelände? Das ist zu Fuß ganz schön weit. Man könnte ein Shuttlebussystem oder ein Leihfahrradsystem mit 500 Fahrrädern bereitstellen.
Haben Sie Projekte, die Ihnen bei der Planung des Hessentages wichtig sind?
Wir haben vom NABU her der Verwaltung von Korbach mal konkrete Vorschläge gemacht.
1. Die Entrohrung des Baches in Rhena und Umgestaltung als Wasserspielstelle auf dem darunter liegenden Spielplatz. Wasser ist natürlich das beliebteste Spielelement für Kinder.
2. Im Stadtpark könnte man eine Wasserspielstelle durch die Umgestaltung eines Betonwasserbeckens errichten. Die Ufer könnte man verschönern und den Bau einer Seilfähre über den flachen Teich ähnlich Edertal-Kleinern anlegen. Die Kinderfreundlichkeit in Korbach ist deutlich verbesserungsfähig.
3. Die Kuhbach ist im Stadtgebiet kaum erkennbar und unattraktiv. Er sollte, wie gesetzlich ohnehin vorgeschrieben, renaturiert werden. Wie schön das aussehen kann, sieht man an dem kleinen gelungenen Abschnitt am Hanseplatz.
4. Man könnte auch Feldholzinseln auf Äckern anlegen, um unseren bedrohten Tierarten Lebensraum zu bieten.
5. Außerdem könnte man neue Hecken anlegen zur Biotopvernetzung und als Wanderkorridor für Tiere.
Der Hessentag sollte möglichst klimaneutral sein. Kohlendioxidemissionen sollten möglichst gering sein, beispielsweise durch ein vernünftiges Mobilitätskonzept. Ein Ausgleich sollte durch Anpflangen heimischer Gehölze erfolgen oder durch Klimaschutzprojekte.
Die Stadt selber sollte auch einige Photovoltaikanlagen auf geeigneten Flächen zur umweltfreundlichen Stromerzeugung bauen. Leider wird das vom Bauamt blockiert, obwohl am Hanseplatz bereits die Gestelle dazu errichtet wurden. Der Strom für den Hessentag sollte komplett aus regenerativer Erzeugung stammen. Und dann müsste man sich das mal überlegen, wie man mit Verpackungen für Essen und Trinken umgeht. Einweggeschirr mit Riesenmüllbergen sollte tabu sein. Man könnte zum Beispiel einen Hessentags-Becher aus Porzellan mit dem Fest-Logo drauf anbieten. Der sehr viel größere Evangelische Kirchentag in Berlin macht es dieses Jahr (2017) vor. Das Geschirr wird mit Pfand versehen, den man bei der Rückgabe zurückbekommt.
Korbach ist eine Fair-Trade-Stadt. Für die Werbetaschen der Stadt Korbach sollte man fair hergestellte Bio-Baumwolle statt Kunststoff verwenden. Das ist deutlich umweltfreundlicher und kaum teurer.
Schlecht gestaltet wurde auch die Neugestaltung der Fußgängerzone (im „Loch“ und mit neuen Platten in der Bahnhofsstraße). Da sind alle Bäume abgehackt worden.
Waren Sie schon mal auf dem Hessentag? Und werden Sie ihn dieses Mal besuchen?
Ich bin nicht so für Massenereignisse. Aber als 1997 hier schon mal Hessentag war, da schon. Da hatten wir auch einen Stand vom Naturschutzbund, der dieses Mal auch wieder da sein wird. Ich werde mal übers Festgelände gehen und gucken, ob da was Interessantes ist.
Was halten Sie von der Idee, den Hessentag auf drei bis vier Tage zu verkleinern oder ihn nur alle zwei Jahre auszurichten?
Dies würde ich auch begrüßen. Die Hessentage sind schon oft sehr ähnlich: Die Stände und Ausstellungen der Landesregierung werden ja nicht komplett geändert, d.h.: Die Leute, die jetzt von außerhalb kommen und das gut finden, haben die gleichen Stände schon vorher in einer anderen Hessentagsstadt gesehen. Viele Vereine, die sich mit einem Stand präsentieren möchten, schaffen es personell nicht, diesen täglich über so viele Tage zu besetzen.
Vielleicht hat sich die Idee des Hessentags auch ein bisschen überlebt. Braucht man etwa diese 08/15-Stände und große Musikveranstaltungen? Schlagerleute kann ich mir auch auf „normalen“ Konzerten in Kassel oder Frankfurt ansehen. Leute, die solche Stars sehen wollen, sehen ja nichts von Korbach. Die kommen abends an, gehen ins Konzert und fahren wieder nach Hause. Was hat die Stadt dann davon? Den Ort macht es allenfalls ein bisschen bekannter. Und schließlich haben wir unser bewährtes Altstadt-Kulturfest.
Also jetzt mal abgesehen vom Hessentag, was machen Sie im Alltag für Ihre Umwelt?
Ich fahre mit dem Fahrrad zur Arbeit. Wir haben auch nur ein Auto und fahren möglichst oft per Bahn. Auch meine Hausbesuche mache ich in Korbach mit dem Fahrrad. Dann kaufen wir wo möglich Bioprodukte und Produkte aus fairem Handel ein und sind Mitglied bei der solidarischen Biolandwirtschaft in Strothe. Beruflich und privat benutzen wir recyceltes Papier. Wir verbrauchen nur Ökostrom und ich habe persönlich Beteiligungen an Solar- und Windkraftanlagen. Die Familie isst fast nur vegetarisch.
Übrigens übte auch der Hessische Rechnungshof Kritik. Bereits in seinem Bericht „Bemerkungen 2008 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Hessen“ empfahl er, „die künftigen Hessentagsstädte bereits im Vorfeld über ihre wirtschaftlich sinnvollen Gestaltungsspielräume zu informieren“. Da das Fest kostspielig und arbeitsintensiv sei, „könnte sich ein Ausfall des Hessentagsbeauftragten (z. B. im Falle einer Erkrankung) negativ auf das Gelingen der Veranstaltung auswirken“.
Lea Dezimbalka, Wiebke Huneck, Maren Mertens und Jana Wiegand
Unser kleines Städtchen Korbach hat viele bekannte Persönlichkeiten hervorgebracht, von Musikern wie Matthias Reim, dem Sänger des bekannten Hits "Verdammt ich lieb dich", über erfolgreiche Journalisten und Sportler bis zu einem Bundes-Verfassungsrichter ist viel vertreten. Wir stellten einigen von ihnen persönlich Fragen zu ihrer Vergangenheit in Korbach (die meisten leben heute hier nicht mehr) sowie zu ihrer Verbindung nach Korbach. Alle gaben uns interessante Antworten, welche Ihr im Folgenden lesen könnt:
Matthias Reim
Musiker, Pop-, Rock- und Schlagersänger
Welche Erinnerungen haben Sie an Korbach?
Ich bin in Korbach geboren und habe die ersten zehn Jahre meines Lebens dort verbracht. Ich kam auf die ALS im Jahr 1967 und blieb dort bis zum Umzug meiner Eltern nach Homberg/Efze drei Jahre später.
Es war eine schöne ruhige Kleinstadtkindheit, ich denke immer wieder gerne daran zurück, auf der ALS hatte ich meine erste Rock-Band und meinen ersten Auftritt in der Aula des damaligen Hauptgebäudes. Schon mit neun Jahren wusste ich damals: Ich werde Musiker, was nicht zuletzt durch die großartige Unterstützung der damaligen Lehrerschaft gefördert wurde.
Kommen Sie zum Hessentag nach Korbach? Welche Verbindungen haben Sie noch zu dieser Stadt?
Ich werde gerne, wenn ich Zeit habe, auf dem Hessentag 2018 vorbeischauen, den ich für ein tolles Event halte. Würde übrigens gerne dort ein Konzert spielen!
Leider habe ich heute so gut wie keinen Kontakt mehr zu Korbach und lebe glücklich und hoffentlich noch lange am schönen Bodensee! Und werde dort auch bleiben!! Ich würde mich freuen, Korbach bald mal wiederzusehen, vielleicht im Rahmen einer Tournee oder wie auch immer!
F. C. Delius
Einer der bekanntesten deutschen Gegenwarts-Schriftsteller
Was verbinden Sie mit Korbach?
Regenwetter.
Wie war Ihre Jugendzeit in Korbach?
Viereinhalb Jahre kann ich nicht in vier Sätzen zusammenfassen. Ich schreibe darüber gerade in einer längeren Erzählung, die unter dem Titel „Die Zukunft der Schönheit“ im Frühjahr 2018 erscheint.
Was würden Sie an Korbach verbessern, um Korbach attraktiver zu machen?
Das sage ich, wenn ich Bürgermeister bin.
Waren Sie auf dem Hessentag 1997 in Korbach? An was erinnern Sie sich noch?
An ein viel zu großes Riesenrad und zu viele Bratwurstbuden. An eine sehr heitere Diskussion mit Elke Heidenreich, die in Korbach geboren ist, und zwei anderen Frauen über die Frage „Schreiben Frauen anders?
Welche Verbindungen haben Sie zur Alten Landesschule?
ALS Abitur 1963. Das Beste war, neben der Schule mit ein paar Mitschülern die Schülerzeitung zu machen.
Wie ging Ihre Karriere weiter?
Wir wollten nicht „Karriere“ machen, sondern das, was wir am besten konnten und wozu wir am meisten Lust hatten. Bei mir war es das Schreiben.
Inwiefern hat Korbach zu Ihrer Karrierelaufbahn beigetragen?
Streichen Sie bitte das Wort „Karrierelaufbahn“. Ich habe in Korbach als 17-jähriger mit dem Schreiben von Gedichten angefangen, auch weil ich ein schlechter Schüler, schlechter Sportler, schlechter Musiker war und bei den Mädchen zu schüchtern.
Was vermissen bzw. vermissten Sie am meisten in Korbach?
In meiner Schulzeit vermisste ich am meisten die Ehrlichkeit. Der Stellvertreter Adolf Eichmanns, der Korbacher Drogist und Massenmörder Hermann Krumey, wurde von den meisten Korbachern und ihren „Honoratioren“ noch bis weit in die sechziger Jahre verteidigt.
Wussten Sie schon als Jugendlicher, was Sie später beruflich machen möchten?
Ja, ich wollte Literaturkritiker oder Verlagslektor werden. Beides bin ich geworden, und Schriftsteller noch dazu.
Was hat Sie bewegt Korbach zu verlassen?
Das Studium, die Ferne, die Freiheit.
Ingrid Noll
Schriftstellerin, eine der bekanntesten deutschen Krimi-Autorinnen
Was verbinden Sie mit Korbach?
Wir waren Flüchtlinge aus der Megastadt Shanghai. Nach einigen Monaten in italienischen Lagern kam unsere Familie im Sommer 1949 endlich nach Deutschland. Korbach war das erste deutsche Städtchen, das ich kennenlernte. Im Gegensatz zu den zerstörten Großstädten entsprach Korbach ein wenig dem Klischee, das wir Kinder uns im fernen China so vorgestellt hatten: Fachwerkhäuser, Wirtshausschilder, alte Kirchen, Marktplatz, ringsherum Wälder und Felder.
Wie war Ihre Jugendzeit in Korbach?
Wir hatten noch nicht einmal ein volles Jahr in Korbach verbracht, als unsere Familie nach Bonn-Bad Godesberg wegzog. Mein Vater hatte dort die Möglichkeit, eine Praxis für ausländische Diplomaten zu eröffnen. Für mich war zunächst alles fremd und exotisch, das Essen schmeckte mir überhaupt nicht. Es gab noch Lebensmittelmarken, alles war knapp bemessen, und unsere Mutter konnte nicht kochen. Ich erinnere mich aber an Geburtstage meiner Klassenkameradinnen, wo es unerhört kalorienreiche und leckere Buttercremetorten gab. Wir wohnten im Dorf Lengefeld in einem Holzhäuschen und mussten im Winter den Schulweg durch Eis und Schnee bewältigen, was für uns etwas völlig Neues war.
Waren Sie an der Alten Landesschule? Wenn ja, wie fanden Sie diese?
Nun, mein Onkel Walter Noll war Studienrat an der Alten Landesschule, nur deswegen war unser erstes Anlaufziel Korbach gewesen. Mein älterer Bruder begann damals ein Jurastudium in Marburg, wir drei Schwestern wurden in die ALS gesteckt, wo wir in den jeweiligen Klassen wie Aliens bestaunt wurden. Unsere schulischen Leistungen waren in vielen Fächern miserabel. Ich konnte nur in Deutsch, Englisch und Kunst beweisen, dass ich nicht völlig auf den Kopf gefallen war. Es gab ja auch so viel, wovon ich keine Ahnung hatte. Geräteturnen war mir ebenso fremd wie Wanderlieder, Physik war ein Buch mit sieben Siegeln, von Mathe ganz zu schweigen.
Inwiefern hat Korbach zu Ihrer Karrierelaufbahn beigetragen?
In der Alten Landesschule konnte ich mit einer sehr guten Note im Aufsatz meine mangelnden Kenntnisse in anderen Fächern ausgleichen. Seitdem wusste ich, dass das Schreiben meine Rettung war.
Wussten Sie schon als Jugendliche, was Sie später beruflich machen möchten?
Als Kind wollte ich gern wie Doktor Doolittle mit allen Tieren sprechen können. Später schwebte mir ein Beruf als Journalistin oder noch lieber als Schriftstellerin vor, aber ich hielt es für einen unrealistischen Traum.
Dr. Wilhelm Schluckebier
Bis November 2017 Richter am Bundesverfassungsgericht
Was finden Sie an Korbach gut?
Korbach ist sehr überschaubar. Mich plagt seit längerem großes Heimweh. Erst mit zunehmendem Alter schätzt man mehr, woher man kommt. Korbach ist für mich eine sehr attraktive Stadt.
Waren Sie auf dem Hessentag 1997?
Ich bin nur kurz darüber gelaufen.
Können Sie sich vorstellen, nach Korbach zurückzukehren?
Ja, sehr gerne.
Prof. Dr. Friedhelm Rost
Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht a.D.
Was verbinden Sie mit Korbach?
Mit Korbach verbinde ich meine gymnasiale Schulzeit. Aufgewachsen bin ich in Wirmighausen (heute Gemeinde Diemelsee).
Wie war Ihre Jugendzeit in Korbach?
Ich hatte eine glückliche Jugendzeit in Wirmighausen und Korbach, an die ich gern zurückdenke. Da ich auf einem Bauernhof aufgewachsen bin, musste ich den damaligen Verhältnissen entsprechend auch während der Gymnasialzeit in der Landwirtschaft mitarbeiten - über zu viel Freizeit konnte ich mich also nicht „beklagen“.
Was erwarten Sie vom Hessentag 2018?
Ich hoffe, dass es ein so fröhliches und buntes Fest wird wie die vielen anderen Hessentage, deren Abläufe ich in den Medien verfolgt habe.
Besuchen Sie den Hessentag 2018?
Vielleicht, zumal ich mich mit zunehmendem Alter meiner Heimat immer mehr verbunden fühle.
Waren Sie auch an der Alten Landesschule? Wenn ja, wie fanden Sie diese?
Ich war von 1954 bis zum Abitur 1963 Schüler der ALS. Meine Schulzeit dort habe ich in bester Erinnerung - trotz der Erschwernisse, die damals mit dem „Fahrschüler-Dasein“ verbunden waren. Auch im Rückblick kann ich nur feststellen, dass ich die ALS als eine sehr gute Schule empfunden habe.
Haben Sie Kontakt zu Korbach, auch Familie und Freunde?
Ich habe nach wie vor gute und regelmäßige Kontakte zu Verwandten und Freunden in Wirmighausen und Korbach. Auch mit meinen damaligen Klassenkameraden stehe ich in Verbindung durch regelmäßige Klassentreffen.
Inwiefern hat Korbach zu Ihrer Karrierelaufbahn beigetragen?
Der ALS habe ich eine profunde Schulbildung zu verdanken, die für mein Berufsleben eine entscheidende Grundlage war.
Zum Hessentag gibt es viel Kritik, etwa die hohen Kosten und der große Konsum. Wie stehen Sie zu der Kritik? Freuen Sie sich auf den Hessentag?
Ich bin kein unbedingter „Hessentagsfan“. Die Tatsache, dass inzwischen 57 Hessentage stattgefunden haben und die Besucherzahlen nach wie vor sehr hoch sind, zeigt mir aber, dass die Idee des Hessentages eine unverändert hohe Resonanz in weiten Teilen der Bevölkerung hat. Wenn das Land Hessen und die jeweils beteiligten Kommunen diesem Bedürfnis mit der Durchführung eines Hessenfestes nachkommen, erfüllen sie damit eine ihnen obliegende landespolitisch sinnvolle und auch kulturelle Aufgabe. Das sollte bei der Beurteilung der Kosten berücksichtigt werden, soweit sich diese in einem angemessenen Rahmen halten. Dies gilt umso mehr, wenn in der jeweiligen Hessentagsgemeinde bleibende infrastrukturelle und sonstige dem Gemeinwesen dienende Werte geschaffen werden. Ein aus dieser Sicht gelungenes Beispiel ist für mich immer noch der Marburger Hessentag. Der Erhalt der Marburger Altstadt (die so genannte „Oberstadt“) mit ihren historischen Fachwerkhäusern ist zum großen Teil der durch den Hessentag bewirkten Anschubfinanzierung zu verdanken. Ohne diese hätte die Gefahr einer dem damaligen Trend entsprechenden „Radikalsanierung“ bestanden. Unabhängig vom Erhalt kultureller Werte hat der Hessentag also auch einen bleibenden touristischen und damit wirtschaftlichen Wert geschaffen.
Haben Sie Wünsche oder Anregungen für den Hessentag?
Vielleicht nur, dass die historische Rolle Korbachs als (jetzt offiziell anerkannte) Hansestadt und auch die Geschichte Waldecks neben der Hessens einen gebührenden Platz in der Darstellung finden. Dabei muss ich einräumen, dass ich mich zwar landespolitisch durchaus als Hesse, landsmannschaftlich aber immer noch eher als „Waldecker“ fühle.
Thomas Korte
Journalist und Mitarbeiter des Hessischen Rundfunks, wohnhaft in Korbach-Strothe
Was verbinden Sie mit Korbach?
Korbach ist die Stadt, in der unsere Familie und die vier Kinder groß geworden sind. Sie ist zu einer Wahlheimat geworden, in der wir uns wohlfühlen, und die seit 27 Jahren unser Leben in großen Teilen mitgeprägt hat und das auch noch tut. Zudem sind Korbach und das Umland so etwas wie der Mittelpunkt meiner Arbeit als Journalist.
Was würden Sie an Korbach verbessern, um Korbach attraktiver zu machen?
Obwohl die Stadt ja nun nicht gerade groß ist, fehlt mir der enge Zusammenhalt der Bevölkerung. Nicht jeder muss jeden kennen, aber würde man eine gemeinsame Aktion schaffen, wenn es um „Unsere Stadt“ geht? Wie kann man Jung und Alt besser zusammenbringen? Bei der „Coming-Home-Party“ am letzten Samstag vor Weihnachten 2016 kamen im „Loch“ hunderte junger Leute zusammen. Würde man das auch mit den Älteren schaffen? Korbachs Bürger müssen Themen, Veranstaltungen und Aktionen entwickeln, um den Jungen die Rückkehr schmackhaft zu machen und bei den Älteren ein „Ich für meine Stadt-Interesse“ zu entwickeln. Das Altstadt- und Kulturfest im Jahr 1998 war ein guter Ansatz, ist aber in den Folgejahren schon zu groß und zu kommerziell ausgerichtet worden.
Waren Sie auf dem Hessentag 1997 in Korbach? An was erinnern Sie sich noch?
Das war ein Fest der Bürger für die Bürger. Wir waren damals die Gastgeber, überall war Stolz auf die eigene Stadt zu spüren, man war wer und ließ das auch die Gäste spüren. Ich habe die zehn Tage als Journalist gearbeitet, die Stadt, ihre Menschen, ihre Kultur öffentlich gemacht und selbst nicht wirklich viel erlebt. Am letzten Tag habe ich beim Schlendern über die Hessentagsstraße gesagt: „So, und jetzt möchte ich nochmal drei Tage lang auch Gast sein und feiern.“
Was erwarten Sie vom Hessentag 2018?
Dass alles wieder etwas kleiner wird, dichter an den Menschen, weniger hektisch, stimmungsvoller und überschaubarer. Dass der Hessentag wieder ursprünglicher wird. Dass die Verantwortlichen es in Korbach schaffen, möglichst viele „Freunde des Hessentags“ zu finden und sie zu motivieren, die Veranstaltung wieder als Chance für mehr Gemeinschaft und weniger Egoismus zu begreifen. Die Korbacher sollten das Einfache suchen und das auch umsetzen. Für den Hessentag in Korbach muss wieder gelten: Weniger ist mehr. Darauf würde ich mich ganz besonders freuen. Auch damit die Stadt wieder etwas mehr an Wohnlichkeit, an Freundlichkeit und Wohlfühlmasse gewinnt.
Besuchen Sie den Hessentag 2018?
Natürlich werde ich den Hessentag besuchen. Allerdings werde ich vieles erneut durch die Brille eines Journalisten sehen und auch möglichst viel darüber berichten. Am Ende sage ich dann „Bitte jetzt noch drei Tage, aber ohne Arbeit!“
Wussten Sie schon als Jugendlicher, was Sie später beruflich machen möchten?
Wie alle anderen Jungen? Nein, ich wollte früher mal Arzt werden oder Tonmeister. Mich reizte es immer, etwas zu verändern, aus etwas wenigem etwas mehr zu machen. Und ich war immer ein Rebell: kontra in der Schule, in der Jugendarbeit, in der Kirche, auch zu Hause. „Dubcek, Dubcek, Svoboda!“, habe ich beim Einmarsch der sowjetischen Truppen in Prag im August 1968 in der Schule auf dem Tisch stehend skandiert. Dafür habe ich mir vom Klassenlehrer eine saftige Ohrfeige eingehandelt. Darauf bin ich heute noch stolz! Schon früh habe ich begonnen, Artikel für die Tageszeitung meiner Heimatstadt zu schreiben. Mit Beginn des Studiums war für mich klar, dass ich mich mitteilen, die Welt beschreiben, Ereignisse einordnen und auch Menschen zum Nachdenken bringen möchte.
Klaus Friedrich
Bürgermeister von Korbach
Was verbinden Sie mit Korbach?
Korbach, das ist eine Stadt, die es nur einmal gibt. Meine Heimat, hier bin ich angekommen und verwurzelt. Korbach, das ist Innovation, Moderne, aber auch gepflegte Tradition. In erster Linie sind es jedoch die vielen liebenswürdigen Menschen, die diese Stadt so lebendig machen.
Was würden Sie an Korbach verbessern, um Korbach attraktiver zu machen?
Nun, als Hansestadt wäre natürlich ein direkter Zugang zum Meer wünschenswert. Aber im Ernst: Ich wünsche mir für die Zukunft unserer Stadt, dass sie sich weiterhin so positiv entwickelt wie bisher. Der von mir lange gewünschte Bau eines Multiplex-Kinos ist mit dem Baubeginn jetzt Wirklichkeit geworden. Was weiterhin fehlt, ist ein besseres gastronomisches Angebot für unsere Jugendlichen. Wichtig sind auch in Zukunft Entwicklung und neue Arbeitsplätze.
Waren Sie auf dem Hessentag 1997 in Korbach? An was erinnern Sie sich noch?
Ja! Besonders in Erinnerung geblieben ist mir das tolle Konzert von Jethro Tull und die ausgelassene Stimmung auf der gesamten Festmeile.
Was erwarten Sie vom Hessentag 2018?
Zunächst natürlich einmal ein gelungenes Fest für die Korbacher und die vielen Besucher. Außerdem eine Aufbruchstimmung, die man jetzt schon spürt, ein neues, ein noch stärkeres Wir-Gefühl. Aber eben auch eine nachhaltige Wirkung der vielen Investitionen, die durch den Hessentag erst möglich werden. So z. B. die Erneuerung der Fußgängerzone und des gesamten Bahnhofumfeldes. Unsere Stadt bekommt ein neues Gesicht. Das verdanken wir dem Hessentag 2018.
Besuchen Sie den Hessentag 2018?
Selbstverständlich. Zuhause werde ich in diesen zehn Tagen wahrscheinlich nur sein, um zu Duschen und den Anzug zu wechseln. Das Schlafdefizit ist vorprogrammiert. Aber ich freue mich drauf.
Inwiefern hat Korbach zu Ihrer Karrierelaufbahn beigetragen?
In meiner Jugendzeit habe ich erfahren, wie wichtig bestimmte Werte für das Leben sind. Freundschaft, Verlässlichkeit, Loyalität, Respekt und Toleranz sind die Basis für das Miteinander in unserer Gesellschaft.
Zum Hessentag gibt es viel Kritik, etwa die hohen Kosten und der große Konsum. Wie stehen Sie zu der Kritik? Freuen Sie sich schon auf den Hessentag?
Natürlich freue ich mich auf den Hessentag. Es wird mit Sicherheit ein tolles, ein unvergessliches Erlebnis für alle Korbacher und unsere Gäste. Nach 20 Jahren „kleiner Hessentag“ in Form unseres Altstadt-Kulturfestes endlich wieder ein großer Hessentag in Korbach!!! Allen Kritiker kann ich nur entgegnen, viele Investitionen wären ohne diesen Hessentag so nicht möglich. Wir stärken unsere Stadt dadurch nachhaltig und bereiten uns auf die Herausforderungen der Zukunft optimal vor.
Haben Sie Wünsche/Anregungen für den Hessentag?
Ich wünsche mir ein breites, attraktives und interessantes Angebot für alle Altersgruppen.
Am wichtigsten: Alle sollen Spaß haben auf dem Hessentag 2018 in Korbach.
Paul-Anton Krüger
Journalist, Auslandskorrespondent der „Süddeutschen Zeitung“
Was verbinden Sie mit Korbach?
Kindergarten Am Tempel, Grundschule am Westwall, Alte Landesschule, Abi '97.
Ich fand die ALS ziemlich konservativ und streng, wurde aber in der Oberstufe deutlich besser. Mit Sport und Französisch hatte ich eine Kombination von Leistungskursen, die man wohl nicht sooo häufig findet. Meine Schul- und Jugendzeit an der ALS und viele prägende Erlebnisse von der Rhön- und Ramsau-Fahrt bis zum Langzeitaustausch mit dem Lycée Litrée in Avranches, eine gute Zeit mit vielen Freunden und speziell den Wasserballern des TV Korbach... Im Rückblick eine ziemlich solide Vorbereitung auf das, was in der Uni und im Leben weiterhilft.
Wie war Ihre Jugendzeit in Korbach?
Ich würde heute sagen: die richtige Mischung aus Freiheit und behütet sein. Aufwachsen in einer Mittelstadt wie Korbach mit intakter Natur drumrum hat viele Vorteile...
Waren Sie auf dem Hessentag 1997 in Korbach? An was erinnern Sie sich noch?
Na klar - das war mein Abi-Jahr. Die Clubnight im Korbacher Stadtpark mit Mark Spoon und Sven Väth und auch sonst viel gefeiert.
Wie ging Ihre Karriere nach der Schulzeit weiter?
Nach dem Zivi in der Jugendherberge Korbach 1998 nach Berlin, Jura-Studium an der Freien Universität, allerdings schon mit dem Wunsch, Journalist zu werden. 2000 Umzug nach München, Deutsche Journalistenschule und Diplom-Studium Journalistik, Abschlussarbeit in Internationaler Politik, seit 2005 fest bei der Süddeutschen Zeitung, seit Herbst 2014 Nahost-Korrespondent mit Sitz in Kairo.
Inwiefern hat Korbach zu Ihrer Karrierelaufbahn beigetragen?
Schwer zu sagen, Jörg Kleine, damals Lokalchef der WLZ, hat mir jedenfalls die ersten Kniffe als Reporter beigebracht und meine Begeisterung für den Journalismus geweckt
Wussten Sie schon als Jugendlicher, was sie später beruflich machen möchten?
Jein. Ich habe mich früh für Politik interessiert und für fremde Länder. Als Journalist kann man beides gut vereinbaren - und man wird dafür bezahlt, neugierig zu sein und jeden Tag Neues zu lernen. Das fand ich schon immer ganz attraktiv
Was hat Sie bewegt Korbach zu verlassen?
Die Ausbildung/Uni, aber auch der Wunsch, in einer Großstadt zu leben. Ich habe von 16 an schon viel Zeit im Rhein-Main-Gebiet verbracht und wollte damals auf jeden Fall weg aus der Provinz.
Prof. Dr. Jürgen Wolf
Geschäftsführender Direktor des Instituts für deutsche Philologie des Mittelalters, Philipps-Universität Marburg; Leiter des Akademieprojekts „Handschriftencensus“ zur weltweiten Erfassung aller deutschsprachigen Bücher des Mittelalters
Was verbinden Sie mit Korbach?
Mittelalter, Stechbahn - Ritterkultur, Roland (genauer: der über lange Zeit 'versteckte' Roland), Hansestadt, Flucht der Franziskaner mit ihrer ganzen Bibliothek, moderne Stadt im (z.T.) mittelalterlichen Gewand, Wirtschaftsmetropole in Waldeck, und zwar im Mittelalter wie in der Moderne (Conti).
Wie war Ihre Jugendzeit in Korbach?
Gemischt (nur indirekt, da kein gebürtiger Korbacher): Im Wesentlichen durch positive Schacherlebnisse (ich durfte in meiner Jugendzeit in Korbach erst- und letztmalig die Waldecker Kreismeisterschaft gewinnen) und negative Zahnarzterlebnisse geprägt. Außerdem hat meine Familie zum Teil in der Nachkriegszeit in Korbach gewohnt (als Vertriebene aus dem Sudetenland) und immer nur Positives über die Stadt/die Menschen berichtet.
Was würden Sie an Korbach verbessern, um Korbach attraktiver zu machen?
Meines Erachtens ist Korbach gerade dabei, genau das zu machen. In den letzten Jahren waren insbesondere die Fußgängerzone(n) und das Bahnhofsquartier ziemlich heruntergekommen und sie sind nun auf gutem Weg, wieder attraktiv, mit Leben erfüllt zu werden, spannende Angebote bereitzuhalten. Nach den Vorbildern von Genf und Norderney (habe ich beides z.T. mit Familie testen dürfen) würde ich in der Fußgängerzone noch eine 'Spielzone' einrichten: In den genannten Orten gibt es jeweils ein Freiluftspielareal mit Schach-, Damebrett, einer Art Kegelareal usw. Die Spielfelder sind in den Bodenbelag eingelassen und die Spielmaterialien in verschließbaren Kisten aufbewahrt, deren Schlüssel man in einem Kiosk oder im Kurhaus bekommen kann. An beiden Orten wurden die Angebote von Kindern und Erwachsenen (also von 6-80) intensiv genutzt - zumal noch Bänke drumherum viele Passanten auch zum Zuschauen anlockten.
Was erwarten Sie vom Hessentag 2018?
Viele spannende Events: gerne auch etwas Historisch-Mittelalterliches --> auf dem Hessentag in Wetzlar hat z.B. meine Assistentin mit den Archäologen in einem nachgebauten Rennofen über mehrere Tage 'in echt' Eisenerz verhüttet -- das war ein großer Zuschauermagnet. Sogar der Ministerpräsident hat sich das angeschaut. Aber auch bleibende Einrichtungen (siehe oben: Spieleareal)
Haben Sie Kontakt zu Korbach? Familie/Freunde? Und besuchen Sie den Hessentag 2018?
JA! JA.
Wussten Sie schon als Jugendlicher, was sie später beruflich machen möchten?
Nein - nicht im Ansatz!
Was hat Sie bewegt Korbach (bzw. Waldeck) zu verlassen?
Studium und später Beruf.
Können Sie sich vorstellen, später wieder nach Waldeck zurückzukehren?
JA, habe ich sogar schon gemacht (ich wohne wieder in Mengeringhausen).
Haben Sie Wünsche/Anregungen für den Hessentag (Programm, Inhalt)?
Ich denke, vor dem breiten Hintergrund der überragenden Geschichte Korbachs sollte (und wird) es entsprechende historische Angebote geben, die die Geschichte der Stadt nicht nur zeigen, sondern möglichst erlebbar machen ... Das Stadtarchiv und das Museum bergen für diese Zwecke unendliche Mengen an Schätzen.
Fabian Hock, Dennis Niederquell, Tristan Rausch
Die Stadt Korbach investiert bis zum Hessentag und darüber hinaus viel Geld in Infrastruktur und Gebäudesanierungen. Dabei stehen vor allem der Umbau des Hauptbahnhofes und der -nach dem Hessentag geplante- Umbau des Rathauses ebenso im Mittelpunkt wie die Umgestaltung der Fußgängerzone. Korbach erhält vom Land Zuschüsse in Höhe von ca. neun Millionen Euro. Hiervon werden 6,5 Millionen Euro für die Umbauten verwendet, der Rest wird in den zehntägigen Hessentag direkt investiert. Die Stadt selbst steuert weitere zwei bis 2,5 Millionen Euro bei. Die Investitionen waren ohnehin bereits für Korbach geplant, sie konnten durch den Hessentag aber früher verwirklicht werden.
Da weniger Gelder als bei vorherigen Hessentagen verfügbar sind und so Geld gespart werden muss, werden bereits vorhandene Flächen wie die Freilichtbühne Korbach eingezogen, statt weitere aufzubauen. Es werden bekannte Künstler und Bands wie BAP und Culcha Candela sowie Santiano nach Korbach kommen. Auch eine DJ-Party mit „Stereoact“ und „Gestört aber Geil“ ist geplant. Außerdem soll auch aufstrebenden Musikern eine Chance gegeben werden. Sie sind zwar noch unbekannter, aber damit nicht gleich schlechter, so Herr Tepel, der Hessentagsbeauftragte der Stadt Korbach.
Mit der Altstadt will sich Korbach von seiner schönsten Seite zeigen, weshalb dort alle größeren Flächen für Veranstaltungen zur Verfügung stehen. Gegenüber der Stadthalle dient die „Hauer“ als Großveranstaltungsfläche. Als weitere Veranstaltungsorte sind die Stadthalle selbst sowie der Hof der Musikschule, der Obermarkt, der Kilianskirchen-Platz und der alte Marktplatz geplant. Darüber hinaus werden die Wiesen neben dem Kreishaus als Hauptstandort des Hessentags sowie zu Parkzwecken genutzt. Insgesamt sind rund 15.000 Parkplätze auf 25 Wiesen verfügbar. Sie werden jedoch nur nach Bedarf geöffnet, damit eventuell stark abgenutzte Parkflächen für einige Tage geschont werden können. Die Stadt hat sich mit betroffenen Landwirten geeinigt, dass diese schon seit Anfang 2017 ihre Ackerflächen nicht mehr bewirtschaften können.
Die Hessentagsstraße verbindet alle wichtigen Punkte, angefangen bei den eben genannten Hauptveranstaltungsflächen bis zum Berndorfer Tor in der Fußgängerzone. Dies ermöglicht den Zugang zum Fest aus drei verschiedenen Richtungen. Erstens von den Parkplätzen am Kreishaus (wo die Hessentagsstraße beginnt), zweitens vom Hauptbahnhof (das ist das andere Ende der Hessentagsstraße) sowie drittens vom Südbahnhof.
Die Stadt will, dass Korbach attraktiver für jüngere Leute wird. Deshalb sollen ein neues Kino und eine neue Discothek entstehen. Insgesamt soll der Hessentag Korbach interessanter machen und die ganze Stadt geeint darstellen, da Korbach beim Hessentag für zehn Tage im Fokus des Landes steht.
Philipp Jungrichter
Der Kurs dankt folgenden Personen für ihre Hilfe und Mitarbeit an diesem Projekt:
» Bezirksgruppe Korbach des Waldeckischen Geschichtsvereins; Buchhandlung Co Libri in Korbach; Christof-Linde-Stiftung; Lions Club Korbach-Bad Arolsen; Verein der Freunde und Förderer der Alten Landesschule e. V. (Sponsoren),
» Brigitte Kesting, Thomas Korte und Fiona Menne (Korrekturleser),
» Norbert Kartmann (Präsident des Hessischen Landtages); Wolfgang Kluß (Stadtarchiv Korbach); Kunst-Leistungskurs von Anja Helmke; Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz (Hessischer Kultusminister); Thomas Ludwig (Bonn); allen Interviewpartnern.
Ein besonderer Dank gilt Karl-Helmut Tepel für jegliche Unterstützung unseres Projekts, der Firma Sprenger Druck für Gestaltung und Druck der Broschüre und Dominic Antony für die Gestaltung und Programmierung der Internetseite hessentag2018korbach.de.